Warten, warten, immer nur warten. Das ist der erste Urlaub, der so spät abends beginnt. Meine Schwester Christina und ich sitzen hier auf gepackten Koffern und warten. Es wird 15 Uhr, es wird 16 Uhr und immer noch heißt es Warten.
Der Flieger geht erst um 20:10 Uhr ab Mönchengladbach, nicht weit von Düsseldorf entfernt. Für den Katzensprung reicht es vollkommen aus, erst um 17:45 Uhr aufzubrechen, um rechtzeitig vorher am Flughafen zu sein.
Mein Vater, der freundlicherweise den Taxifahrer zum Flughafen spielt, lenkt das Auto in eine gottverlassene Gegend irgendwo neben der A52. Und hier soll irgendwo ein Flughafen sein? Erinnerungen an Tromsø, Norwegen, werden wach. Dort hatte der Flughafen auch eher wie ein Vorstadtparkplatz ausgesehen. Doch tatsächlich: vor uns erheben sich nun zahlreiche Werbeschilder von Air Berlin und dahinter ein Flughafenterminal. Hier sind wir scheinbar richtig.
Guard vor dem Buckingham Palast
Aufgenommen am: 28.08.2003
Im Innern wirkt alles bescheiden und ruhig. Vor dem einzigen offenen Schalter hat sich eine Schlange wartender Reisender gebildet, die einfach nicht vorrücken will. Es sind nur noch 2 Stunden bis zum Abflug. Oder soll ich doch besser sagen: immer noch?
Eine Angestellte kontrolliert vorab, ob wir auch alle in dieser Schlange richtig stehen. Ich denke nur, hier kann man eh nicht viel falsch machen, das ist doch die einzige Schlange. Scheinbar kann man aber doch. Ich bekomme noch mit, wie die Dame vor uns gefragt wird, wo sie denn hin wolle. „Nach Zürich“, antwortet sie. „Zürich?? – Die Maschine ist doch schon längst weg!“ „Aber ich dachte,..., 19:00 Uhr...“ „Nein, da sind sie hier falsch, da landet die hier wieder.“ Die Dame ist am Boden zerstört. „Nein, heute fliegen wir nicht mehr nach Zürich. Da müssen sie sich ein Hotelzimmer nehmen und bis morgen warten. Und wohin wollen sie?“ Nun steht sie vor mir. „Stansted? Da sind Sie hier falsch, denn...“ Nein, bitte nicht! Sag mir nicht, dass die auch schon weg ist. Ich wurde doch extra benachrichtigt, dass wir später fliegen. Was ist denn hier los? „...denn Sie müssen sich am anderen Schalter anstellen, der öffnet dann 90 Minuten vor Abflug.“ Glück gehabt! Wir kommen scheinbar heute noch nach Stansted. Aus den Augenwinkeln beobachte ich die aufgelöste Dame von eben, die krampfhaft versucht, das beste aus ihrer Lage zu machen.
Bald wird der zweite Schalter geöffnet, eingecheckt, überschwänglich von der Familie verabschiedet, das Flugzeug bestiegen, kurzen Hops nach London gemacht und wieder raus. Inzwischen ist es dunkel geworden. Wir holen unser Gepäck und machen uns auf den Weg zum Stansted Express bzw. zu den Ersatzbussen, weil der Zug Sonntags aufgrund Gleiserneuerungen nicht fährt. Wir müssen erst einmal um den Bus herum laufen, denn die Türe ist nicht ganz dort, wo wir sie erwarten – auf der rechten Seite. Statt dessen sitzt dort der Fahrer. Irgendwie ein seltsames Gefühl.
englische Telefonzelle
Aufgenommen am: 27.08.2003
Wir fahren los. Der Bus scheint es eilig zu haben, denn wir fahren äußerst links – nein, dort ist der langsame Verkehr, rechts wird überholt. Wie? Ist auch egal, wir müssen ja nicht fahren.
Die Kreise werden im Uhrzeigersinn befahren, Autobahnen von links auf- und wieder abgefahren und rechts überholt. Ist doch ganz einfach, oder? Ich denke aber, wenn wir uns heute einen Wagen gemietet hätten, wir hätten alles richtig gemacht, weil man am ersten Tag absolut konzentriert bei der Sache ist und ständig über den ungewohnten Linksverkehr nachdenkt. Er ist so präsent im Gehirn, dass man alles richtig machen würde. Tage später, wenn sich Routine breit macht, dann würden Flüchtigkeitsfehler auftreten. Aber wir mieten ja keinen Wagen.
An der Liverpool Street angekommen, legen wir den Rest der Strecke mit der U-Bahn zurück. Mit der Circle Line geht es unter Tower Hill und Westminster hindurch Richtung South Kensington. An der Victoria Station gibt sich die Ansagerin besonders viel Mühe, den Namen Victoria so oft wie möglich zu wiederholen. „Next Station is Victoria. Change at Victoria for the Victoria Line...“. Am Anfang nervt es ein wenig, doch später warten wir förmlich auf diese Ansage. Am Bahnsteig selber ruft eine Tonbandstimme unnachgiebig "Mind the Gap".
Überhaupt ist in der U-Bahn Vorsicht geboten. "Mind the Gap", "Mind the Step" und "Mind your Head" ist vielerorts zu lesen.
Hotel Majestic
Aufgenommen am: 25.08.2003
Wir steigen an der Gloucester Road aus, laut Hotelbeschreibung die nächstgelegene Station. Doch wo liegt nun unser Hotel? Wo ist die Cromwell Road? Laut Stadtplan eine große Hauptstraße, doch an dieser Ecke kreuzen sich zwei größere Straßen.
Auf den Boden ist groß „Look Left“ und „Look Right“ zu lesen, wahrscheinlich ein guter Hinweis für alle kontinentalen Europäer, die einfach immer wieder in die falsche Richtung sehen. Doch wo sind hier Straßenschilder? – Ah, an den Häusern selber. Gut! Bleibt nur noch zu klären, in welche Richtung die Cromwell Road entlang zu laufen ist. Natürlich sind wir zuerst in die falsche Richtung gelaufen, warum auch nicht. Es wird 23 Uhr, bis wir unser Hotel erreichen und die Tür zu unserem Zimmer auf dem knarrenden Fußboden aufschließen. Willkommen in London.