Das Patricia Budget Inn macht ja von außen keinen besonderen Eindruck, aber von innen – auch nicht. Der Frühstücksraum könnte geradezu aus einem Roadhouse kopiert sein. Man muss sich um Billardtische und hochgestellten Barhockern schlängeln, bevor man zur Theke gelangt, auf der in einer Reihe Kaffee, Milch, Cornflakes und Obst aufgereiht sind. Die Lampen hängen tief von der Decke und die Theke wird von einem hässlich gelben Sonnenschirm überspannt. Es fehlt wirklich nur der Truckerparkplatz hinterm Haus.
Steamclock in Gastown
Aufgenommen am: 20.05.2004
Die Nachbarschaft gehört auch nicht gerade zur Elite. Schnell rette ich mich rüber in die Gastown, wo ich sozusagen wieder sicheres Gelände erreicht habe. Vorbei am alten Gassy Jack steuere ich auf die Steamclock zu. Es ist eine Minute vor neun als ich hier eintreffe. Man könnte es als gelungenes Timing auffassen. Lang lässt das Pfeifkonzert nicht auf sich warten und ich setze meinen Weg zum Anleger des Seabus fort.
Wenige Minuten später sitze ich am Lonsdale Quai in einem Bus der Linie 236 und bin auf dem Weg zur Capilano Suspension Bridge. Wir durchfahren eine wirklich schöne Wohngegend und ich würde fast alles dafür hergeben, mein derzeitiges Hotel gegen eine Wohnung hier einzutauschen.
Der Besuch des Capilano Suspension Bridge & Park fällt zwar etwas teurer aus als geplant, aber ich wollte hier schon immer einmal vorbeischauen seitdem ich einen Gedanken an Vancouver verschwendet habe. Also hinein ins Abenteuer.
Capilano Suspension Bridge
Diese Hängebrücke spannt sich etwa 137m über einen 70m tiefen Abgrund.
Aufgenommen am: 20.05.2004
Der Gang über die Brücke bereitet mir keine Schwierigkeiten. Gut, es schaukelt geringfügig etwas und man ist auch ganz schön hoch über dem Abgrund, aber das sind nicht wirklich Probleme für mich. Mir konnte es schon als Kind nie hoch genug hinausgehen. Wörter wie Höhenangst sind mir fremd. Allerdings muss sich der Gleichgewichtssinn auf der gegenüberliegenden Seite erst wieder an den festen Boden gewöhnen. Man meint, es schaukelt immer noch.
Und schon wartet das nächste Hängebrückenabenteuer. Das kürzlich eröffnete Tree-Top-Adventure bringt einen hoch über dem Boden schaukelnd von Baum zu Baum. Ich weiß nicht, was genau einem hier so Spaß macht, aber es ist einfach nur witzig.
Am 3 Sisters Lake vor der kleinen Holzhütte lasse ich mich für einige Minuten nieder und stelle mir gerade vor, das wäre mein kleines Ferienhaus direkt am See, es ist Nachmittag, das Wetter wird besser und ich habe alle Zeit der Welt, die Umgebung zu genießen. Bis auf das Wörtchen „mein“ stimmt der Satz sogar mit der Realität überein. Das Wetter wird tatsächlich in diesem Moment besser.
Bärengehege auf dem Grouse Mountain
Aufgenommen am: 20.05.2004
Von neuem Schwung gepackt, wechsle ich wieder auf die andere Seite und besichtige den Pioneer Garden, wo man meiner Meinung nach den besten Blick auf die wacklige Brücke hat und wie hoch sie tatsächlich über dem Wasser hängt.
Natürlich wird das schöne Wetter weiter ausgenutzt und so fahre ich mit der Seilbahn auf den Grouse Mountain hinauf, um einen Blick hinunter werfen zu können. Wieder ist der Spaß nicht ganz billig, aber diesmal bin ich nicht so überzeugt, dass das Geld wirklich gut angelegt ist. Von ganz oben hat man nur eingeschränkt Blick auf Vancouver. Die Stadt ist doch schon einige Meter entfernt. Man sieht nichts richtig deutlich. Und auch das Bärengehege ist zwar nett anzusehen, aber dafür brauche ich die weite Reise auf einen Berg nicht zu unternehmen.
Ausblick vom Harbour Centre
Vorne links das rot/gelbe Gebäude ist das Dominion Building, hinten rechts die Kugel Science World.
Aufgenommen am: 20.05.2004
Auf dem Weg zurück zur Gondel werde ich von einem Kanadier auf mein Rocky Mountaineer T-Shirt angesprochen. Wie ich denn die Fahrt empfand und ob ich sie denn weiterempfehlen würde. – Was heißt hier: Und was hast du gesagt? Habt ihr die letzten beiden Tagesberichte nicht gelesen??
Zurück in der Innenstadt gönne ich mir einen weiteren Ausblick: vom Harbour Centre. Im Zug habe ich mir gestern bereits eine ermäßigte Eintrittskarte besorgt, die nun unten an der Kasse gegen ein schöneres Ticket umgetauscht wird, das auch den Weg in mein Fotoalbum finden wird. „Nice T-Shirt“, höre ich nun nicht zum ersten Mal.
Ausblick vom Harbour Centre auf Gastown
In der Straße (Water Street), die aus der Mitte heraus leicht nach rechts verläuft, befindet sich die berühmte Steamclock.
Aufgenommen am: 20.05.2004
Das schöne am Harbour Centre ist, dass die Eintrittskarte gleichzeitig Tageskarte ist. Man kann am selben Tag zurückkehren sooft man möchte. Ich habe schon zuerst überlegt, ob sich das heute überhaupt noch lohnt, da es doch schon recht spät ist, aber was will ich denn mehr als Tageslicht, Sonnenuntergang und Nacht von dort oben zu genießen? Und wer weiß, wie das Wetter morgen ist.
Es folgt nun der Standardspruch zu einem Aussichtspunkt: Wunderschön, man sieht alles, alles ist so friedlich von hier oben, klasse Ausblick. Aber hier lässt sich noch einiges hinzufügen: man sieht nämlich wirklich alles. Ich würde daher das Harbour Centre direkt für den ersten Tag in Vancouver empfehlen. Man kann sich ein Bild davon machen, wo alles liegt und wie weit alles in etwa entfernt liegt. Man sieht Gastown direkt zu Füßen liegen, das Dominion Building, sämtliche Hochhäuser, Marine Building, Stanley Park, Canada Place, North Vancouver und wenn man noch ein Fernglas mitbringt bestimmt noch viel mehr!
Abendstimmung in Vancouver
Dieses Foto entstand am Abend von der Aussichtsplattform des Harbour Centers.
Aufgenommen am: 20.05.2004
Die Zeit bis zum Sonnenuntergang vertreibe ich mir mit ein wenig Shopping im Pacific Centre sowie auf der Robson Street, bevor ich auf einem weitem Spaziergang vorbei am Hotel Vancouver, Marine Building und Canada Place zurück zum Harbour Centre laufe.
Müde und geschafft, aber sehr zufrieden mit dem Tag sitze ich bei einem Butterfly Cookie und etwas gekühltem Fruchtsaft auf dem Aussichtsdeck und genieße den Sonnenuntergang. Ich finde auch die Zeit, mal kurz ins Internet zu schauen und Deutschland einen guten Morgen zu wünschen, bevor ich mich hundemüde schlafen lege.