Als ich vor mein Hotel trete, glaube ich meinen Augen nicht: Da laufen einige Leute mit Regenschirmen. Ein paar Schritte weiter bekomme ich die Bestätigung: Es regnet. Naja, denke ich, man muss dem Wetter einige Minuten Zeit geben, dann wird das schon wieder besser. Gestern wurde es auch erst so um die Mittagszeit richtig sonnig und freundlich.
Das Beste, was man aus dieser Situation machen kann, ist, sich irgendeine überdachte Aktivität zu suchen. Jetzt kommt in mir wieder der Schienenfahrzeugliebhaber durch: eine Fahrt mit dem Skytrain. Diese Stadtbahn fährt bis auf einem kurzen Tunnelabschnitt in der Innenstadt hoch über dem Straßenverkehr auf eigenen Brücken über die Stadt und benötigt so keinen Fahrer. Seine Aufgaben werden von Kollege Computer übernommen. Wenn man es geschickt anstellt, kann man ganz vorne Platz nehmen, wo eigentlich ein Fahrer sitzen müsste.
Ausblick vom Harbour Centre auf Canada Place
Aufgenommen am: 20.05.2004
Am Stadium gelangen wir an die Oberfläche und umfahren in einem Zickzackkurs ein paar Straßenbrücken, bevor wir durch ein Haus in die Station Main Street Science World einfahren. Leicht rechts vor mir sehe ich den Bahnhof, an dem ich vorgestern mit dem Rocky Mountaineer ankam. Ist das wirklich schon wieder so lange her?
Ausblick vom Harbour Centre Richtung Stanley Park
Aufgenommen am: 20.05.2004
Wir setzen unsere Fahrt über der Stadt fort, bis wir in New Westminster parallel zur hölzernen Eisenbahnbrücke und zur Straßenbrücke den Fraser River auf einer kühnen Betonkonstruktion überqueren. Noch ein Stück weiter, und ich lande wieder in Kamloops. Na gut, soweit soll die Fahrt dann doch nicht führen. Bei King George ist Endstelle und es geht zurück in die Stadt und siehe da, das Wetter zeigt sich etwas freundlicher. Immerhin regnet es nicht mehr.
Diese trockene Phase wird ausgenutzt und zum Stanley Park gelaufen. Jetzt wollte ich schon fast Golden Gate Park schreiben. Habe wohl schon zu oft über San Francisco berichtet.
Folgt man im Stanley Park der Uferlinie, so eröffnet sich bald ein schöner Blick auf den Canada Place und die dahinter liegende Skyline von Vancouver. Man sollte allerdings nicht zu weit laufen, da sonst die Aussicht von Bootstankstellen und unansehnlichen verrottenden Bojen beeinträchtigt wird.
Man sollte etwa die Totempfähle als weitesten Punkt ausgucken und sich dann zum Prospect Point durchschlagen. Wer möchte, kann noch das Aquarium besuchen, doch mir ist heute einfach nicht einem Museumsbesuch.
Lions Gate Bridge
Aufgenommen am: 21.05.2004
In meiner naiven Vorstellung liegt der Prospect Point direkt an der Uferpromenade und bietet den besten Blick auf die Lions Gate Brücke. Glück im Unglück: Die Promenade ist unter der Brücke wegen Bauarbeiten geschlossen und ich werde auf eine Umleitungsstrecke geschickt, die bald steil bergauf führt und schließlich in Höhe der Autobrücke am Prospect Point endet. Hey, Gratulation, ohne ein einziges Schild gefunden.
Wer noch nicht müde ist, kann nun weiter durch den Stanley Park laufen und sich vielleicht am Beaver Lake etwas ausruhen. Von einem See ist hier allerdings nicht viel zu sehen. Man kann nur ahnen, dass unter all den blühenden Seerosen tatsächlich Wasser ist. Eine Ente in der Nähe ist ein weiteres gutes Zeichen, dass es hier nicht nur Wasser von oben gibt.
Ich gelange auf meiner Entdeckertour zur Obus-Endstelle mitten im Park und denke mir, ich habe hier genug gesehen und fahre in Richtung Granville Island. An der letzten Station vor der Granville Bridge steige ich aus und laufe die Brücke entlang. Ich bin so sehr von der Umgebung beeindruckt und wie weit man alles überschauen kann, dass es schon zu spät zum Umkehren ist, als ich endlich begreife, dass mich diese Brücke nicht zum Anleger dieser kleinen niedlichen Fähren auf dem False Creek führt.
Ausblick von der Granville Island Bridge
Aufgenommen am: 21.05.2004
Dafür führt die Brücke direkt über die Insel Granville hinweg und man kann sich einen ersten Blick von oben verschaffen. Hält man an und dreht sich einmal um, so wird man in der Ferne eine weitere Brücke sehen können, die ebenfalls in die Stadt hineinführt. Man sieht zwar nicht so viele Bürotürme wie vom Stanley Park aus, aber der Kontrast der Marktplatzinsel mit all den alten Hafenanlagen drum herum stehen doch in gutem Kontrast zu den Wohnblöcken, die jenseits des Wassers bis ans Ufer heranreichen. Da muss es sich auch wieder schön wohnen lassen, wenn man die Gedanken an die nächste Mietabrechnung verdrängen kann.
Ich glaube, keiner, der durch die Markthallen auf Granville Island schlendert, wird der Versuchung widerstehen können, ein paar von diesen süßen, saftigen, leckeren, herrlichen, guten, frischen Früchten zu kaufen und nachher in aller Ruhe genießen zu können.
Fähre auf dem False Creek Aufgenommen am: 21.05.2004 Natürlich wird die Insel nun Stilvoll auf einer der kleinen Fähren verlassen. Gegenüber dem Fahrer, der hoch über den Köpfen der Fahrgäste sitzt und aus einem Fenster übers Dach hinaus blicken kann, sitzt man als Passagier doch recht niedrig. Nachdem er sein Boot auf Kurs gebracht hat, lässt er sich während der Fahrt das Fahrgeld reichen. Das Boot wird schon wissen, wo es hinfährt. Auch an den Unterwegshaltestellen wird die Prozedur so einfach wie möglich gehalten: der Kapitän fährt mit der Fähre auf den Steg zu, schaltet dann irgendwann die Maschinen ab, macht einen kleinen Schritt an Land und hält die Fähre während des Fahrgastwechsels lässig mit einer Hand fest.
Der letzte geplante Punkt auf der Tagesordnung, Kitsilano Beach, wird heute wohl sprichwörtlich ins Wasser fallen. Es beginnt nämlich erneut zu regnen. Als ich in der Innenstadt auf meinen Bus heimwärts warte, sehe ich, dass sich auch die Bettler auf dieses Wetter optimal eingestellt haben: Sie verkaufen Regenschirme.