Eins muss man Marianna lassen: Sie macht ein ausgezeichnetes und reichhaltiges Frühstück. Es gibt Obst, Müsli mit selbst gemachten Erdbeerkompott, Brot mit Marmelade und French Toast mit Schinken und Tomaten.
Die Straße nach Barkerville ist einsam und die 80 km/h kommen einen hier wie eine elende Schleichfahrt vor.
Idylle am Highway nach Barkerville
Aufgenommen am: 29.05.2004
An einem abgelegenen See liegt sogar noch etwas Schnee in einer Schattenecke. Wie aufregend! Wenn ich jetzt schon ahnen würde, wie viel Schnee noch auf mich zukommen wird. Auf dem Weg am See entlang liegen seltsame weiße Steine. So einen reinen und durch und durch weißen Stein habe ich bisher noch nie gesehen und da es sich hier um keinen Nationalpark handelt, liegt er nun auf dem heimischen Bücherregal, damit ich sein Weiß auch in Zukunft bestaunen kann. Der umliegende Wald zeigt sich abwechslungsreich grün. Jetzt im Frühling bilden die Bäume neue grüne Nadeln, die sich vom dunklen Grün der alten angenehm abheben.
Seltsamerweise fahren verhältnismäßig viele Autos in Richtung Quesnel am See vorbei und nur wenige in die entgegensetzte Richtung. Eigentlich müssten sich doch nun viele Touristen auf den Berg in Richtung Barkerville machen.
Auch am Jack-of-Clubs See ist die Welt noch in Ordnung. Ein strahlendes Himmelblau spiegelt sich im Wasser (wenn man nur in die richtige Richtung sieht), Löwenzahn wächst am Ufer, schneebedeckte Berge erheben sich in der Ferne, wo einige Wolken vorbeiziehen und ein bis zwei Wasserfälle füllen den See langsam nach.
In Wells scheint die Zeit still zu stehen. Mitten auf der Hauptstraße stehen zwei Pickups und die Fahrer unterhalten sich durch die geöffneten Seitenfenster. Man sollte so etwas mal in New York City zur Stoßzeit versuchen.
Wenn ich an Barkerville denke, fällt mir spontan immer das Buch „Der Hund von Baskerville“ ein. Barkerville / Baskerville – die Namen liegen nicht weit auseinander.
unterwegs in Barkerville Historic Town
Aufgenommen am: 29.05.2004
Barkerville ist eine erhalten gebliebene ehemalige Goldgräberstadt, in der verkleidete Mitarbeiter versuchen, das Leben von damals nachzustellen. Bei allem nötigen Respekt, aber mir hat der Heritage Park in Calgary besser gefallen. In Barkerville sind die Häuser meist nicht von innen zugänglich oder es wurde die Inneneinrichtung entfernt und in ein modernes Museum umgewandelt. In vielen Häusern wurden Puppen gesetzt, statt sie mit echten Menschen zu beleben. Der einzige Vorteil von Barkerville ist, dass es sich dabei um eine echte Goldgräberstadt handelt.
Hauptstraße in Barkerville Historic Town
Aufgenommen am: 29.05.2004
Der Gang zum Richfield Courthouse lohnt sich meiner Meinung nach auch nicht. Die Landschaft hebt sich nicht von anderen Wanderwegen ab und das Gerichtsgebäude ist nur ein zwischen Bäumen versteckter weißer Kasten. Das war’s.
Zurück in Barkerville nehme ich an der Walking Tour teil. Zwei Damen in klassischen Kleidern zeigen uns ihre Stadt aus ihrer Sicht. Natürlich schickt es sich nicht für eine Dame, die schmutzige Hauptstraße entlang zu laufen. Sie bevorzugt den erhöhten hölzernen Fußweg an den Häusern vorbei, der über teilweise hohe Treppen zu erreichen ist. Am Ende des Bretterwegs räuspert sie sich und fragt empört, wo denn die helfende Hand eines Gentlemans bliebe. Der arme Kerl, der sich bei der ersten Treppe geopfert hat, wird nun im weiteren Verlauf der Tour immer wieder als Treppengeländer ausgeliehen.
Im Gerichtssaal von Barkerville erzählt uns Judge Begbie etwas über den Versuch, im wilden Westen für Recht und Ordnung zu sorgen. Da gab es z.B. einen Fall, wo ein Mann des Pferdediebstahls angeklagt wurde. Der Prozess wurde lang und hart geführt und am Ende empfand ihn die Jury als nicht-schuldig – aber das Pferd muss er zurückgeben. Der Richter konnte dieses Urteil natürlich unmöglich hinnehmen und schickte die Jury wieder fort, um erneut darüber zu tagen. Sie änderten ihr Urteil: Er ist schuldig, darf das Pferd aber behalten.
Zufahrtsstraße zum Bowron Lake PP
Aufgenommen am: 29.05.2004
Und dann erhebt sich Richter Begbie und fährt einen imaginären Angeklagten lautstark an. Er redet sich in Rage und wird fast ausfallend. Was hat der Mann verbrochen? Er hat einen Dollar gestohlen.
Auf eine Gruppe anwesender Touristen machte diese letzte Vorstellung einen so guten Eindruck, dass sie den Richter um Wiederholung bitten, während einer ihrer Leute auf der Anklagebank dasitzt und sie die Szene filmen. Der Richter ergreift wieder das Wort: „Und egal was du auch angestellt hast, tu es ja nie wieder!“
Bowron Lake PP
Aufgenommen am: 29.05.2004
Wenn ich schon einmal in der Gegend bin, denke ich mir, sollte ich auch mal zum Bowron Lake hinüber fahren. Die Straße ist zwar eine reine Schotterpiste, doch wenn man den Bereich mit den vielen Schlaglöchern hinter sich gebracht hat, lässt sich die Straße sogar mit 80 km/h befahren.
Den Abstecher hätte ich mir aber auch sparen können. Der See ist gerade mal an zwei Stellen öffentlich zugänglich und er sieht nicht viel anders aus als jeder andere See. Einzig für eine mehrtägige Kanutour über alle durch Kanäle verbundenen Seen sehe einen Sinn, hierher zu kommen.
Cottonwood House
Aufgenommen am: 29.05.2004
Zurück daheim ist es nur ein Katzensprung vom B&B zum Cottonwood House, den ich nun zu Fuß zurücklege. Inzwischen haben alle Touristen das Feld geräumt und ich befinde mich hier allein auf weitem Feld und Flur. Das Cottonwood House ist ein schönes Anwesen. Dunkle braune Holzbalken, die mit hellem, weißem Lehm abgedichtet wurden. Wie ein Streifenhörnchen.
Auf der Weide hinter dem Parkplatz macht ein Schwarm Krähen einen unglaublichen Radau. Hey, ein bisschen leiser, ihr seid doch hier nicht alleine!
Ein Stück weiter vor ein paar Holzhütten, die man sicher auch zum Übernachten mieten kann, erkenne ich nicht gleich, was diese hohlen Baumstämme und Steinhaufen darstellen sollen, bis es endlich Klick macht: Das ist eine Minigolfbahn.
Nachdem ich über einen Zaun geklettert bin, finde ich mich auf dem Riverwalk wieder, von dem man den Fluss allerdings nur auf den letzten paar Metern zu Gesicht bekommt und wie die Sonne hinter Cottonwood langsam untergeht.