Berge, Städte, Abenteuer... - in 3 Wochen durch Kanadas Westen
Morgenstund’ hat Gold im Mund. Als ich aufwache und die Sonne ins Zimmer hinein scheint, ist es mir völlig egal, dass die Uhr erst 7 anzeigt. Ich will jetzt das schöne Wetter genießen. Im Forum hat mich Mona darauf gestoßen, den Patricia- und Pyramid Lake früh am Morgen zu besichtigen, bevor die anderen Touristen in Scharen dort aufkreuzen. Und genau das werde ich jetzt auch tun.
Frühstück im Jasper NP
Am Yellowhead Highway zwischen Jasper (Ort) und dem Abzweig zur Miette Hot Springs
Aufgenommen am: 02.06.2004
Unterwegs treffe ich Familie Hirsch, die sich ihr Frühstück direkt neben der Straße suchen und fahre durch die bereits gestern angepriesenen, aber bei Sonnenschein noch viel schönere Landschaft zu den beiden Seen.
Es ist phantastisch. Die gesamte Bergwelt mit allen Wolken, die sie umgeben, spiegelt sich im Wasser wider. In der Ferne höre ich das Brummen eines Busses, so dass ich mich beeile, auch den Pyramide Lake in Ruhe genießen zu können.
Patricia Lake, Jasper NP
Aufgenommen am: 02.06.2004
Auf einem Holzsteg erreicht man eine kleine verträumte Insel auf dem See, die mit Bänken an allen Ufern gespickt ist. Ob man sich hier oder lieber dorthin setzt bleibt Geschmackssache, aber meiner Meinung nach bekommt man in jede Richtung eine herrliche Aussicht geboten. Einziger Wermutstropfen ist der Pyramid Mountain, der sich heute früh noch hinter Wolken versteckt hält.
Pyramide Lake, Jasper NP
Der gleichnamige Berg liegt im Hintergrund noch im morgendlichen Nebel.
Aufgenommen am: 02.06.2004
Die Ruhe im Paradies weilt nicht ewig. Ich höre schon wieder den Bus kommen. Ich habe nichts gegen Touristen, bin ja selber einer, aber bitte nicht so viele gleichzeitig auf einem Fleck. Der Bus stoppt und schon hört man das erste Geschnatter, das die Morgenruhe endgültig zerstört. Die Gruppe verteilt sich in jeden Winkel der Insel, jede Pflanze wird aus der Nähe untersucht, von überall hört man andere Sprachen. Irgendwo dazwischen nehme ich ein Grummeln meines Magens wahr und verspreche, in Jasper Town ein zweites Frühstück nachzulegen. Bei der Gelegenheit erwerbe ich auch direkt Tickets für einen Bootsausflug auf dem Maligne Lake um ein Uhr.
Jasper ist ein schönes Örtchen. Aufgeräumt, gepflegt und nett anzusehen. Ein paar Schulkinder laufen durch die Straßen. Mich würde das aber irgendwie nerven, hier zur Schule oder zur Arbeit gehen zu müssen und hunderten Touristen zu begegnen, die sich hier sichtlich erholen.
gegenseitige Neugier am Medicine Lake
Medicine Lake liegt an der Maligne Road auf dem Weg von Jasper zum Maligne Lake.
Aufgenommen am: 02.06.2004
Laut Auskunft dauert die Fahrt zum Maligne Lake etwa 45 Minuten plus 15 Minuten lieber mal vorher da sein, also rund eine Stunde. Dann bleiben mir noch etwa anderthalb Stunden, um irgendetwas anderes zu machen, nachdem ich meinen Rundgang durch das nette Örtchen beendet habe. Ich versuche mein Glück an der Fifth Bridge und wandere entlang des Maligne Rivers. Das Tal wird immer enger und der Fluss schmiegt sich dicht an den Felsen entlang und wäscht diese langsam aus. Das muss wohl der Maligne Canyon sein. Leider werde ich den kompletten Loop wohl nicht schaffen, da ich mich zum Schluss nicht abhetzen möchte, so dass ich an dieser Stelle beschließe, umzudrehen.
Spirit Island im Maligne Lake, Jasper NP
Das bekannteste Fotomotiv des Jasper NP, Spirit Island, die Insel, die nur bei Hochwasser wirklich eine Insel ist.
Aufgenommen am: 02.06.2004
Am Medicine Lake opfere ich noch einmal zehn Minuten, um mich einfach nur in die Wiese zu legen und zu relaxen. Ist das ein schönes Gefühl, Urlaub machen zu können.
Am Maligne Lake muss ich mein in Jasper gekauftes Ticket noch gegen die eigentliche Fahrkarte umtauschen, tja, und ratet mal, wer vor mir an der Kasse steht? Meine Verfolger aus dem Wells Gray und Rearguard Falls sind wieder da. Anhand meiner Quittung kann ich aber belegen, dass ich zuerst auf die Idee kam, um genau diese Uhrzeit hinaus nach Spirit Island zu fahren.
Von der Umgebung, wo wir mit dem Boot festmachen, sehen wir nicht sehr viel. Alle Augen sind auf Spirit Island gerichtet, der kleinen Insel, die eigentlich gar keine Insel ist. Zumindest nicht, wenn der See wenig Wasser führt. Etwa eine Woche vor dem Urlaub habe ich mich noch per E-Mail über Preise und Möglichkeiten informiert, Fahrkarten kaufen zu können, und da meinte noch jemand scherzhaft, dass wir überhaupt keine Fahrkarten brauchen. Wir könnten zu Fuß zu Spirit Island laufen, da der See noch zugefroren ist.
Aussicht vom Whistlers Mountain, Jasper NP
Im Bild gut zu erkennen der Ort Jasper, links dahinter Patricia und Pyramid Lake.
Aufgenommen am: 02.06.2004
Als nächste Beschäftigung suche ich mir die Seilbahn auf den Berg „Whistlers Mountain“ heraus und binnen weniger Minuten befinde ich mich mitten im Schnee. Der Seilbahnfahrer hatte uns zwar empfohlen, nicht bis zum Gipfel hinaufzulaufen, weil es etwas anstrengend sei und kalt da oben ist, aber in den Moment wollte ich wohl nicht richtig zuhören. Auf dem Schnee zu laufen ist gar nicht so einfach wie es aussieht. Immer wieder kommt man leicht ins Rutschen. Das merkt auch ein junges Mädchen einer ausgelassenen Jugendgruppe: Sie rutscht aus und ihre Fotokamera sucht sich eine eigene Abkürzung ins Tal. Und tschüß!
Aussicht vom Whistlers Mountain, Jasper NP
Aufgenommen am: 02.06.2004
Auf Schuster’s Rappen geht es die letzten Meter bis rauf zum Gipfel, doch als ich ein kleines Plateau erklommen habe, sehe ich, dass der Berg noch nicht zu Ende ist. Also weiter. Unterwegs lächelt mir jemand zu „Jaja, von unten sieht es einfacher aus.“ Das gebe ich zwar zu, doch was ich anfange, das bringe ich auch zu Ende.
Erst als ich oben ankomme und still stehen bleibe merke ich, dass es tatsächlich etwas zieht. Aber die Aussicht war die Mühe wert. Selbst die Bergstation der Seilbahn liegt mir in der Ferne zu Füßen und ich bin ein wenig stolz auf mich. Das ganze Stück bist du hinaufgelaufen. Das waren über 300 Höhenmeter von 2265 auf ungefähr 2600 m.
Ich laufe ein wenig auf dem Gipfelplateau herum, um in alle Richtungen Fotos schießen zu können, als ich ein paar Berghühner aufschrecke. Die habe ich gar nicht gesehen. Das Muster ihres Federkleids besitzt dieselbe Farbe wie der Boden. Um doch noch ein brauchbares Foto machen zu können, locke ich sie kurzerhand auf den Schnee.
Langsam wird es aber doch unangenehm kalt und ich suche mir den Weg zurück in die warme Gondel. Der Seilbahnführer erkennt mich wieder und ich zeige ein wenig Interesse und frage ihn über die Bahn und die umliegende Bergwelt aus. Am Ende der Fahrt schüttelt er mir – und nur mir – die Hand und verweist auf das Schild des Herstellers der Bahn: Saarbrücken, Germany. „Danke, dass ihr uns so eine gute Bahn gebaut habt“.
3rd Bridge am Maligne Canyon, Jasper NP
Aufgenommen am: 02.06.2004
Der Abend ist noch jung und ich fahre zurück zum Maligne Canyon. Ich bin einfach neugierig, wie weit ich heute Vormittag gekommen bin. Diesmal starte ich allerdings bei der second Bridge und arbeite mich den Canyon hinunter. Warum da so viele Leute auf der Brücke stehen, kann ich mir erst gar nicht erklären bis ich selber drauf stehe. Wow! Wie tief der Spalt doch ist. Man kann kaum bis auf den Grund hinuntersehen. Es ist einfach unglaublich.
Jasper NP
Am Yellowhead Highway zwischen Jasper (Ort) und dem Abzweig zur Miette Hot Springs
Aufgenommen am: 02.06.2004
Der Wanderweg führt bis zur dritten und vierten Brücke steil bergab, doch man kommt dem Bach kaum näher. Immer wieder fällt das Wasser in kleinen Wasserfällen zwischen den Felswänden hindurch. Umgestürzte Bäume haben sich wohl für immer in der engen Spalte verkeilt, in die kaum Licht dringt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass in einigen Ecken noch Schnee liegt, der nur langsam schmilzt.
Hinter der vierten Brücke entspannt sich die Lage wieder ein wenig und als ich den Pyramid Mountain (inzwischen wolkenfrei) am Horizont sehe, erkenne ich den Umkehrpunkt von heute früh wieder. Da hätte ich mich ja fast lächerlich gemacht zu behaupten, ich wäre schon im Maligne Canyon gewesen.
