Einen Wecker brauche ich nicht. Ich habe keinen festen Termin, den ich einhalten muss und wach werde ich schon irgendwann und auch nicht zu spät, immerhin will ich ja etwas erleben.
blinde Fahrt in den Gegenverkehr
Nach rechts fährt die Linie 28 Richtung Martim Moniz (in beiden Richtungen) und von links kommt die Ringlinie 12.
Aufgenommen am: 29.05.2003
Ich gehe runter in den Frühstücksraum und erlebe die nächste Überraschung: Ein riesiges ellenlanges Frühstücksbuffet baut sich vor mir auf, dahinter fleißige Helfer, die ständig dafür sorgen, dass nichts zu knapp wird. Ich gönne mir erst einmal ein ausgiebiges Frühstück, bevor ich wieder mit der U-Bahn in die Stadt fahre.
Diesmal steige ich an der Station Baixa-Chiado aus, um zu sehen, wo ich auskomme. Der Ausgang führt aus einer Galerie unterhalb einer höher gelegenen Straßenkreuzung heraus, auf der ich gestern gestanden habe. Ich war also weniger als 5 Meter von meinem Ziel entfernt gewesen.
Engstelle in der Alfama Aufgenommen am: 29.05.2003 Aus reinem Zufall heraus nehme ich mir als erste Straßenbahnlinie des Tages die 28 vor. Der Wagen ist gut gefüllt, so dass ich stehen muss. Glücklicherweise befinde ich mich noch so weit vorne, dass ich auf die Strecke hinaus sehen kann. Die Fahrt führt um enge Kurven und an der Sé vorbei in die Altstadt Alfama. Wir nehmen die nächste Linkskurve und stehen vor der ersten richtigen Engstelle. Der Fahrer klingelt was das Zeug hält und fährt daraufhin blind in den Gegenverkehr. Vor uns liegt ein Abzweig, von dem wir den rechten Weg wählen, den wir aber noch nicht einsehen können. Mit lautem Rattern nehmen wir die Kurve und stehen mit einem Mal ein paar Autos gegenüber, die nun langsam zurücksetzen müssen.
Kurz darauf wird es wieder zweigleisig und wir halten vor einer Ampel. Es dauert einige Zeit, bis grün wird und wir um die nächste Kurve fahren, in der die Strecke wieder eingleisig wird. Kaum Platz für Bürgersteig und Straßenbahn
Die Häuser waren nun mal zuerst da. Ist schon abenteuerlich, wie sie hier durch eine Straßenbahnlinie gebaut haben.
Aufgenommen am: 29.05.2003
Dahinter verengt sich die Straße auf ein Minimum, so dass gerade noch die Bahn und vielleicht ein Fußgänger auf dem Gehweg aneinander vorbei passen. Die nächsten Häuser auf der linken Seite passieren wir zum Greifen nah. Hier sollte man erst ganz vorsichtig um die Ecke sehen, bevor man es verlässt, um nicht von der Straßenbahn überfahren zu werden.
Es folgt ein leichter Rechtsknick, wo wir auch den Platz des Bürgersteigs für uns beanspruchen, bevor die Bahn am Ende der Straße in einem Schwenk ausholt und eine steile und verdammt enge Linkskurve in Angriff nimmt. dicht an den Häusern vorbei durch die Alfama
Die Häuser waren nun mal zuerst da. Ist schon abenteuerlich, wie sie hier durch eine Straßenbahnlinie gebaut haben.
Aufgenommen am: 29.05.2003
Die Wäsche auf den Balkonen der umliegenden Häuser droht fast, von der Trolley Stange mitgenommen zu werden, so nah kommen wir den Gebäuden. Aber ich denke mal, die Bewohner leben schon lange hier und haben eine gewisse Erfahrung, wie weit sie sich in Richtung Straße trauen dürfen.
Nach einer kleinen S-Kurve wird die Straße wieder breiter, die Strecke zweigleisig und wir passieren eine Schlange wartender Autos, die sich gleich ebenfalls durch diese enge Straße quälen wollen, wenn ihre Ampel auf Grün umspringt.
Die restliche Strecke ist schon gar nicht mehr so spektakulär im Vergleich zur Alfama, obwohl sie für deutsche Verhältnisse noch immer ein Risikofaktor darstellt.
Ab und an kommt es vor, dass einige geparkte Autos uns an der Weiterfahrt hindern. Die Fahrer sind ‘mal eben’ in den nächsten Laden gesprungen und halten gedankenlos den ganzen Verkehr auf. Lautstark machen wir auf uns aufmerksam, doch die Wirkung wird von Mal zu Mal schwächer.
Am Martim Moniz ist die Endstelle und ich steige auf diverse andere Linien um, wie die 12, die zurück durch die Alfama zum Praça de Figueira fährt oder die 18, die mich zum Vorort Ajuda bringt, von wo ich einen Bus ins Kulturzentrum Belém nehme.
Entdeckerdenkmal in Belém
Aufgenommen am: 29.05.2003
Vor dem Entdeckerdenkmal, auf dem Terreiro da Boa Esperança, ist eine riesige Landkarte eingelassen in den Boden eingelassen, auf dem man studieren kann, wie sich die portugiesischen Entdecker Jahr für Jahr weiter in die unbekannten Welten vorgearbeitet haben. Hinter dem Denkmal sieht man wieder die Brücke des 25. Aprils den Tejo überspannen.
Ich folge seinem Ufer weiter in Richtung Westen, bis ich nach einem guten Fußmarsch vor der Torre de Belém stehe, eines der Wahrzeichen von Lissabon. Torre de Belém
Dieser Turm, früher zur Verteidigung der Stadt eingesetzt, ist heute Wahrzeichen der Stadt.
Aufgenommen am: 29.05.2003
Ich frage mich, ob man diesen ehemaligen Verteidigungsturm auch von innen besuchen kann, da ich Stimmen vom Dach höre. Natürlich wollen sie am Eingang direkt Geld von mir sehen. Ich stelle mich mal auf dumm und frage, ob ich mit der Lisboa Card vielleicht Ermäßigungen bekomme und man winkt mich durch. Eine wirklich schöne Karte ist das.
Ähnlich wie in der Alfama die Straßen ist hier die Treppe besonders eng und nicht für Gegenverkehr ausgelegt. Auf dem Weg nach ganz oben muss man sich häufiger in ein Fenster quetschen oder mal ein Stück zurückgehen, um Leute passieren zu lassen, aber ich habe schließlich Erfolg und kann den Ausblick von hier oben auf Belém und den Rio Tejo auf der anderen Seite genießen, der Richtung Westen schon wesentlich breiter wird und bald in den Atlantik münden wird.
Im Innern des Turms kann man, sofern man sich wieder den Weg nach unten gebahnt hat, noch die Kanonen sehen, mit denen potenzielle Eroberer der Hauptstadt in die Flucht geschlagen wurden. Über die alte Zugbrücke gelangt man wieder ins Freie.
Brücke des 25. Aprils Aufgenommen am: 29.05.2003 Ich fahre mit der Straßenbahn Linie 15 zurück in Richtung Stadtmitte und entschließe mich spontan, zwischendurch in Höhe der Brücke des 25. Aprils auszusteigen und noch ein wenig am Ufer des Flusses entlang zu laufen. Erst hier sieht man, dass die Brücke in Schwindel erregender Höhe zweigeschossig ist. Unter der Straße führt die Staatsbahnlinie in den südlichen Abschnitt des Landes.
Den Abend verbringe ich an Bord der Linie 28, mit der ich noch ein paar Mal durch die Alfama fahre und mich jedes Mal frage, wie kann man durch so eine enge Straßenführung nur eine Straßenbahn legen?