Zuerst dachte ich noch, drei volle Tage in einer fremden Stadt, von der du fast keine Sehenswürdigkeit kennst, da bist du doch an einem Tag durch.
Und dann stellte sich heraus, dass ich noch gut eine Woche hier bleiben könnte.
Die Stadt hat wirklich eine Menge zu bieten. Die Aussicht vom Castelo, eine Fahrt mit der Straßenbahnlinie 28 durch die Alfama, ein Fußmarsch durch die Alfama, die Häuser mit den Wandkacheln, eine Fahrt mit den offenen Doppeldeckerbussen, das Entdeckerdenkmal, von dem man die Brücke des 25. Aprils gut sehen kann, Torre de Bélem, Estoril und Cascais.
Was mir nicht so gut gefallen hat, war Sintra. Irgendwie konnte ich dem Ort nicht soviel abgewinnen.
Meine Unterkunft, das Hotel Roma, hat mich positiv überrascht. Von außen sieht es zuerst unscheinbar aus, weil man seine wahre Größe erst erkennt, wenn man um die Straßenecke biegt oder ins Hotel hineinkommt. Die Lobby war pompös und sehr schick angelegt, was häufig der Fall ist, doch die Moderne und Sauberkeit setzten sich auch in den wohl kürzlich renovierten Zimmern fort.
Auch angenehm überrascht war ich von dem guten und reichhaltigen Frühstücksbuffet und von den freundlichen Putzhilfen, die mir jeden Morgen ein „Bom dia“ zurief.
Die ersten beiden Tage waren wie erwartet: Sommerlich warm und sehr sonnig. Am dritten Tag hat es dagegen geregnet. Zwar nicht kräftig, aber langanhaltend. Auch der vierte Tag begann wolkenverhangen, so dass ich annahm, es würde den ganzen Tag so bleiben und unterließ es, mich einzucremen. Ein fataler Fehler, denn mittags kam die Sonne heraus und bescherte mir einen kräftigen Sonnenbrand. Der letzte Tag wurde dennoch der schönste der ganzen Reise.
Den Südländern, dazu zähle ich jetzt mal vorsichtig Italien, Südfrankreich, Spanien und Portugal, wird ein gewisses Temperament nachgesagt. Die Bevölkerung von Lissabon war da irgendwie zweigeteilt. Einige Vertreter konnten sich schon ziemlich reinsteigern. Ich wurde Zeuge eines handfesten Familienkrachs, der auf offener Straße ausgetragen wurde.
Auch Auto- und besonders Vespafahrer hatten es besonders eilig und auch ein Straßenbahnfahrer erkannte nicht an jeder Ampel die Notwendigkeit, bei Rot stehen zu bleiben, doch wenn ein parkendes Auto vor einem Geschäft die Gleise versperrte, zeigte man sich mitfühlend und wartete halt so lange, bis der Besitzer wieder kam. Irgendwie eigenartig.
Auch der Wärter im Straßenbahnmuseum hat die Zeit nicht erfunden (siehe letzten Tagesbericht), wohingegen ein Verkäufer in einer Imbissbude schon fast mit dem nächsten Kunden fertig war, bevor ich überhaupt bestellte.
Alles in allem hat mich die Stadt verzaubert, obwohl ich eigentlich nicht der Typ für dieses Südländische Flair bin. Ich liebe eher die Berge und kühle Wälder, doch Lissabon ist meine neue europäische Lieblingsstadt und nach San Francisco Nr.2 in der Welt.
Wenn du noch einen Kommentar zum Reisebericht abgeben möchtest, dann ist mein » Gästebuch genau die richtige Adresse dafür.