Um 4 Uhr morgens bin ich hell wach. Nicht, dass ich zufällig aufgewacht bin, nein ich meine hell wach. Ich fühle mich so ausgeschlafen wie nie zuvor. Draußen ist es noch dunkel. Durch mein Fenster sehe ich einige wenige Autos ab und an die 5-spurige Straße entlang fahren. Ich versuche noch etwas zu schlafen, gebe aber um 6 Uhr auf.
Angels Flight am Pershing Square, LA Downtown
Leider war der Angels Flight, die Standseilbahn in die höher gelegene Downtown, nach einem Unfall außer Betrieb. Früher befand sich die Bahn übrigens an einer ganz anderen Stelle.
Aufgenommen am: 29.05.2001
Um 7 bin ich bereit, wieder Richtung Pershing Square und zur U-Bahn zu laufen, doch die Hochhäuser sehen um diese Zeit ganz anders aus, irgendwie lebendiger. Der Verkehr hat zugenommen, überall biegen Autos in Tiefgarageneinfahrten ab, halten Taxen und spucken Zeitung lesende Angestellte aus. Ich erfreue mich an dem Gedanken, dass die anderen Arbeiten dürfen, während ich Urlaub habe.
Neben dem Pershing Square steht verlassen die Anlage des Angel’s Flight, einer Standseilbahn, die in guten Tagen Menschen auf den Stadthügel beförderte. Ich steige die Treppenstufen daneben nach oben. Von hier hat man eine sehr schöne Aussicht auf die Straßenschluchten, zwischen denen gerade die Sonne aufgeht und sich in den Scheiben der Wolkenkratzer spiegelt.
Hier oben gibt es auch einen kleinen Supermarkt, wo ich mich mit Vorräten für den Tag eindecke, wie auch einige Angestellte der umliegenden Büros. Das Blumengeschäft neben dem Springbrunnen öffnet gerade. Blumenkübel werden herausgestellt und das Schild über dem Eingang geputzt. Los Angeles, eine hetzende Stadt?
Ein paar Meter weiter, am Watercourt, sprudelt ein Springbrunnen verschiedene Fontänen in die Höhe. Ich beschließe hier, mein zweites Frühstück zu nehmen.
Hollywood Blvd
Rolltreppe an der U-Bahn Station Hollywood/Vine an die Oberfläche.
Aufgenommen am: 29.05.2001
Der Tagesplan sieht vor, den Hollywood-Buchstaben so nah wie möglich zu kommen. An der Station Hollywood/Wine verlasse ich die U-Bahn, weil man hier vom Hollywood Blvd auf die Buchstaben sehen kann, doch das ist noch viel zu weit weg für meinen Geschmack.
Ich laufe die Straße ein wenig Richtung Osten und biege nach links ab. Unter einer Unterführung hindurch strebe ich den Buchstaben entgegen. Die Gegend wird immer freundlicher. Hinter der nächsten Querstraße erwartet mich eine einladende Wohngegend. Na gut, hier wohnen keine Filmstars, aber billig sieht es nicht gerade aus.
Ich habe meiner Mutter versprochen, einen Kalender mit Motiven des VW-Beetle für Weihnachten vorzubereiten und denke, die Aussicht auf die Buchstaben wäre ein ausgezeichnetes Motiv. Ich setze mich auf einen etwas höheren Randstein und beobachte die Gegend. An der Ecke steht ein Four-Way-Stop-Schild, d.h. es darf derjenige zuerst weiterfahren, der zuerst gehalten hat. Obwohl aus allen Richtungen kontinuierlich Fahrzeuge auf die Kreuzung zufahren, kommt es zu keiner einzigen unangenehmen Situation. Es klappt einfach. Manchmal winken sogar stehende Fahrer mehr als ein Auto vorbei, wenn sie doch schon mal stehen. Das widerlegt mit Nachdruck den Fahrstil, den wir von so manchem Filmstreifen her kennen.
Aus den Seitenstraßen strömen Menschen herbei, die mit ihrem Hund unterwegs sind, oder Jogger, die sich vor einem langen Tag am Schreibtisch noch ein wenig fit halten wollen.
Ich brauche nicht allzu lang zu warten, da wird mir der Gefallen getan und ein weißer Käfer fährt vor mein Objektiv. Ich stehe auf und setze meinen Weg fort. Ein Stück vor mir liegt etwas Papier auf dem Gehweg, irgendwie passt das nicht hierher. Vermutlich ein Tourist achtlos weggeworfen, denn ansonsten ist es sehr sauber hier. Als ich näher komme, traue ich meinen Augen kaum. Da liegt Geld. Ich sehe mich um, doch niemand befindet sich in meiner Nähe, der Anspruch auf das Geld erheben könnte. Dann gehören die 41$ eben mir. Was man mit 41$ zusätzlich noch alles machen kann!
Hollywood Sign
Aufgenommen in den Straßen von Hollywoodland.
Aufgenommen am: 29.05.2001
Ich durchquere das Tor zu „Hollywoodland“, was auch bis in die 40er am Hang zu lesen war. Doch als man die Buchstaben austauschte, ließ man das „land“ einfach weg. Die Gegend wirkt Richtung exklusiv. Leider habe ich die Buchstaben aus den Augen verloren, zu nah bin ich inzwischen, sie verstecken sich irgendwo hinter den Häusern. Ich suche nach Straßen, die ein wenig bergauf führen, so dass ich über die Häuser hinweg sehen kann.
Dann endlich gelingt es mir, eine Stelle zu finden, wo ich den Buchstaben praktisch frontal gegenüber stehe, jedenfalls durch den Sucher der Kamera. Das ist jetzt nah genug, empfinde ich und mache mich nach ein paar Fotos zufrieden auf den Rückweg.
Am Nachmittag fahre ich mit der U-Bahn ein Stück weiter hinaus nach Universal City im Norden von Hollywood. Da ich die Universal Studios bereits kenne, gebe ich mich mit der riesigen künstlichen Vergnügungsmeile davor zufrieden. Viele Restaurants reihen sich aneinander wie auf einer Perlenschnur, die Häuser kunstvoll mit überdimensionalen Alltagsgegenständen wie Tassen, Teller usw. bestückt. Musik wird gespielt und verleiht dem Ganzen einen Ausdruck von Jugendlichkeit. Hier in dieser Spaßwelt kann jeder noch mal jung sein.
Hard Rock Café Hollywood, Universal City
Aufgenommen am: 29.05.2001
Am Ende der Straße steht das Hard Rock Café Hollywood. Na gut, ich bin hier nicht ganz ohne Hintergedanken hergekommen. Ich gebe es ja zu. Irgendwas reizt mich an diesen Lokalen und ich trage auch gerne diese T-Shirts, nicht nur um zu zeigen, in welcher Stadt ich schon war. Nein, viel schlimmer ist eigentlich meine Mutter. Sie drückt mir immer ein Scheinchen extra in die Hand mit der Bitte, ihr doch auch etwas mitzubringen.
Vorbei an einem Auto, das gerade in die erste Etage eines Hauses gefahren ist und dem Ufo, dass gleich jemanden entführen wird, verlasse ich diese Scherzwelt, der scheinbar jeder Bezug zur Realität fehlt. Also genau das Richtige, wenn man mal ausbrechen will.
Zurück in der U-Bahn geht es zurück nach Downtown und ins Hotel. In der U-Bahn schlafe ich fast ein, obwohl es erst früher Abend ist. Der Jetlag macht sich deutlich bemerkbar.