Als wir erwachen, hören wir nicht mehr dieses prasselnde Geräusch über unseren Köpfen. Das ist ein gutes Zeichen. Wir ziehen die Vorhänge weg und sehen die Sonne in unser Zimmer scheinen. Es ist zwar nicht restlos wolkenlos, doch wir wagen es, zum Antelope Canyon herüber zu fahren.
Blick von oben auf den Lower Antelope Canyon
Aufgenommen am: 29.09.2002
Wir können uns gar nicht so recht entscheiden, welchen wir zuerst ansehen sollen. Ich habe erst kurz vor Abreise überhaupt von dem Canyon erfahren, so dass wir ihn irgendwie in die Tagespläne hineinquetschen mussten, dennoch stand für mich sofort fest "Ich muss da rein". Ich hatte allerdings nicht die Gelegenheit, mich eingehender zu informieren und so blieb die Entscheidung, in welchen wir gehen sollten, bis heute früh ungeklärt.
Lower Antelope Canyon
Aufgenommen am: 29.09.2002
Auf Grund des hohen Eintritts und einer bereits bezahlten Ausflugstour am Nachmittag auf dem Lake Powell stand von vorneherein fest, dass wir nur einen der beiden besuchen konnten. Ich habe noch schwach im Hinterkopf, dass man sich in einem der beiden unbegrenzt aufhalten konnte und im anderen von Native Americans geführt werden würde, doch ich kann mich nicht mehr erinnern, in welchem.
Für weitere Überlegungen bleibt keine Zeit mehr, denn von Page kommend finden wir uns plötzlich auf der Linksabbiegespur zum Lower Antelope Canyon wieder und wie ich im nachhinein nur sagen kann, ich bereue unsere spontane Entscheidung überhaupt nicht. Ich kenne den Upper nicht, aber der Lower hat sich auf alle Fälle gelohnt.
Lower Antelope Canyon
Aufgenommen am: 29.09.2002
Wir bezahlen und werden am Mahnmal der Verunglückten vorbei zum Eingang geführt. Naja, Eingang ist gut - es ist nichts mehr als eine Leiter, die in den Boden hinabführt.
Um immer mehr Ecken windet sich der Weg, immer neue Motive tun sich vor mir auf. Meine Vorgabe, nicht mehr als 5 Bilder zu schießen, um Filmmaterial zu sparen, gebe ich bereits nach 2 Minuten auf. Zu schön ist einfach dieser Anblick. Und der hier hinten erst. Und der hier!
Ich befinde mich wie in einer Phantasiewelt. Weit in der Ferne hört man das Echo von Stimmen widerhallen, dann ist es wieder ganz ruhig. Der Wind bläst über den Schlitz und es erklingt ein leicht jaulendes Geräusch. Es klingt irgendwie – mystisch, geheimnisvoll, verzaubert.
Ich gehe weiter, doch ich komme kaum voran. Immer wieder halte ich, um den Augenblick in mir aufzunehmen.
Lower Antelope Canyon
Aufgenommen am: 29.09.2002
Die Sonne ist auch heute nicht ganz beständig - immer wieder ziehen Wolken an ihr vorbei. An jeder Ecke stehen die Fotographen und warten, ihr Stativ samt Kamera startklar. Jedes mal, wenn die Sonne wieder zum Vorschein kommt, erklingt ein erneutes "Ahhhhhhhh!" durch die Menge. Auch ich bin jedes Mal begeistert, wenn die Sonnenstrahlen wieder den feinen Sandnebel sichtbar machen, der von oben in den Spalt rieselt.
Lower Antelope Canyon
Aufgenommen am: 29.09.2002
Als ich am Ende des Canyon ankomme, wo nur noch eine Leiter ins Leere führt, kehre ich um und befinde mich praktisch in einem neuen Canyon. Nichts kommt mir wirklich bekannt vor. Die Wände, die Formen, die Farben, alles sieht wieder ganz anders aus. Im Hintergrund hört man wieder den Wind über unseren Köpfen hinwegwehen.
Ich bin froh, mein Stativ dabei zu haben. Nicht nur, um die Kamera ruhig führen zu können, nein, es dient auch als ausgezeichneter Wanderstock, denn an einigen Stellen ist der Schlitz so eng, dass man mit Schuhgröße 47 nicht mehr zwischen die Felswände treten kann und einen etwas größeren Bereich überbrücken muss.
Als ich wieder den Ausgang erreiche, sind 3 Stunden vergangen. Ist mir gar nicht so lange vorgekommen. Kaum sind wir wieder am Auto, fängt es an zu regnen. Die Native Americans laufen oben am Schlitz entlang und fordern die Leute auf, den Canyon sofort zu verlassen. Der Regen wird stärker.
Wir fahren los in Richtung Page und ein Unwetter, das seinesgleichen sucht, geht nieder. Ich schalte den Scheibenwischer auf die maximale Stufe, doch man kann kaum mehr etwas erkennen. Es beginnt auch noch zu hageln. Über unseren Köpfen ist es pechschwarz. Dann zucken die ersten Blitze und ein heftiges Gewitter erhellt die Gegend. Wir machen uns ernsthaft Gedanken, bei diesem Wetter mit einem Boot auf den Lake Powell heraus zu fahren.
Hausboot auf dem Lake Powell
Aufgenommen am: 29.09.2002
Wir entschließen uns, wenigstens einmal zur Wahweap Marina zu fahren. Und tatsächlich: Der Regen lässt nach, die Wolkendecke reißt auf. Wir besteigen das Ausflugsboot und fahren los. Unser Ziel ist die Rainbow Bridge. Wir sitzen oben auf dem Sonnendeck, dass seinen Namen auch wieder gerecht wird. Durch den Niederschlag ist es zwar ein wenig kühler geworden, doch dafür gibt es ja warme Jacken.
Auf dem See ist einiges los. Sportboote springen über die von uns aufgewirbelten Wellen, Hausboote ziehen nahezu lautlos an uns vorbei. Der See ist nicht restlos gefüllt, was man gut am weißen Rand an den umliegenden Felsen erkennen kann.
Auf den letzten Metern vor der Rainbow Bridge verschwindet unser Boot in den Seitenarmen des Glen Canyon. Rechts – links – rechts – links steuert uns unser Kapitän durch die immer enger werdenden Durchgänge hindurch. Wenn man hier nicht genau weiß, wo die Brücke ist, man würde sie sicher ewig suchen.
Rainbow Bridge NM
Aufgenommen am: 29.09.2002
Wir machen an einem der langen Bootsstege fest und laufen die restlichen paar Meter zur natürlichen Steinbrücke, die uns leider nur ihre Schattenseite zeigen will. Ehrlich gesagt, habe ich auch nicht zuviel erwartet, aber dieser kleine Bogen ist wirklich nichts besonderes. Die Bootsfahrt dagegen ist grandios. Abgelegen vom Rest der Welt lässt man sich bei ordentlicher Fahrt den Wind um die Nase wehen.
Es ist schon spät geworden und die Sonne steht schon sehr tief, knapp über der Wasseroberfläche. Die meisten Ausflugsschiffe sind verschwunden und wir haben den See fast für uns alleine. Der Himmel ist nahezu wolkenlos und wir würden uns jetzt gehörig ärgern, wenn wir nicht auf den See hinausgefahren wären.
Der Himmel hinter uns färbt sich in allen Blau- und Rottönen. Die Sonne berührt vor uns die Wasseroberfläche und lässt die Wellen zwischen uns und ihr aufleuchten. Es ist ein wirklich magischer Moment, den wir nicht lange genug auskosten können.
Als wir wieder am Festland festmachen, ist es stockduster geworden. Ich bin mit dem Tag mehr als zufrieden. Zuerst die mysteriöse Welt des Antelope Canyon und am Abend noch der zauberhafte Sonnenuntergang. Das war einer der schönsten Tage dieser Reise.