2004 Städte im Osten der USA

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auf der Suche nach dem großen Weihnachtsbaum

28.11.2004 Chicago: Sears Tower, Millennium Park - Abfahrt des Capitol Limited nach Washington

Sonne! Sonne am Himmel von Chicago! Was das Todesurteil von wirklich jedem Restschnee bedeutet, freut die Touristen dagegen umso mehr.
Endlich schönes Wetter und ich habe nichts besseres zu tun, als mich im Kellergewölbe des Sears Tower zu verkriechen. Aufblicken zum Sears Tower Aufgenommen am: 28.11.2004 Aufblicken zum Sears TowerAls ich nach zweimal Anstehen endlich im Aufzug stehe und mich schon in Siegerlaune wähne, fährt der plötzlich mit uns nach unten. Als sich die Türen öffnen, dürfen wir uns an Schlange Nr. 3 anstellen, die mit einem dieser überteuerten Tourifotos vor einem Gemälde des Sears Tower endet. Schlange Nr. 4 führt dann zur Kasse, bevor Schlange Nr. 5 uns in einen Kinoraum führt, wo uns erst einmal ein 10-minütiger Film „Chicago from above“ vorgeführt wird. Ich freue mich ja, dass man den Besuchern möglichst viel für ihr Geld bieten möchte, doch finde ich es schon etwas unverschämt, dass jeder noch zusätzlich Zeit hier vertrödeln muss, auch wenn man nur auf die Aussichtsplattform will. Die Ungeduld spiegelt sich auch in den Gesichtern der anderen. Inzwischen ist mehr als eine Stunde vergangen, in der ich rein gar nichts vom schönen Sonnenschein hatte. Ich kann mir noch nicht einmal sicher sein, ob überhaupt noch die Sonne scheint.
Nach Schlange Nr. 6 kommt dann tatsächlich der langersehnte Aufzug in die Höhe. Ich kann die hässlich gelb blau gestrichenen Wände auch langsam nicht mehr sehen.

Ausblick vom Sears Tower Der Blick geht Richtung Norden. Vor dem Lake Michigan die imposanten Hochhäuser nördlich des Chicago Rivers. Das markante schwarze Hochhaus ist das Hancock Building. Aufgenommen am: 28.11.2004 Ausblick vom Sears Tower Als sich diesmal die Türen öffnen, schlägt uns ein Hitzeschwall entgegen, der wenigstens eindeutig beweist, dass die Sonne noch nicht aufgegeben hat, die Südseite des Turms kräftig zu erhitzen. Daher erst mal die Flucht zur Nordseite, wo sich die kleinen Häuschen der Innenstadt vor dem Sears Tower niederknien. Wirklich interessant zu beobachten, dass sich zwischen den Hochhäusern relativ kleine Häuser verstecken. Es ist wirklich relativ, denn selbst diese kleinen Häuser haben immer noch 20-25 Etagen.
Chicago braucht sich eindeutig nicht hinter New York zu verstecken. Ehrlich gesagt sind die Wolkenkratzer hier sogar noch ein Stück schöner und interessanter, da hier sehr viele verschiedene Baustile zu bestaunen sind. Jeder Turm versucht auf seine Weise, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Jeder möchte gesehen und anerkannt werden. Einige kenne ich ja schon von gestern Abend.
Auch wenn man sich keine von diesen lustlos geknipsten, völlig überteuerten Besucherbildern kaufen will, kann man dennoch an ein gutes Bild von sich vor einem Gemälde des Sears Tower bekommen: Einfach jemanden die Kamera in die Hand drücken, dann vor der Rückwand der Besucherplattform postieren und lächeln!
Runter geht eindeutig schneller als rauf, auch wenn man sich zwischen den zahlreichen Souvenirläden seinen Weg nach draußen bahnen muss. Auf dem Weg kann man noch einmal einen Blick auf die Wartenden werfen, die es noch nicht nach oben geschafft haben. Die Schlangen werden immer länger.

Ich bin wirklich froh, als ich wieder auf der Straße stehe und frische, kühle Luft einatmen kann. Ich muss mich schon weit zurücklehnen, um überhaupt das Ende des hohen Gebäudes erkennen zu können. Da oben bin ich gewesen? 442 m hoch bzw. 110 Stockwerke, das höchste Gebäude der USA und auch für einige Jahre das höchste der Welt?

Chicago Bean im Millennium Park Aufgenommen am: 28.11.2004 Chicago Bean im Millennium Park Nach so einem Höhenflug erst mal zurück auf den Boden der Tatsachen. Der Millennium Park... Ich will eigentlich nur ein Stück vom Gehweg weg, um eine Häuserzeile zu fotografieren, da stehe ich auch schon mitten drin. Zu sehen gibt es hier auch einiges, wie z.B. die Chicago Bean, eine ziemlich hässliche Metallbohne. Ich stehe eigentlich nicht auf solche Kunstwerke, muss aber zugeben, dass das Spiegelbild einfach genial ist.
Nur ein paar Schritte sind es bis zum nächsten Sims und man kann den Schlittschuhläufern auf der Eisbahn zusehen, im Hintergrund die mächtigen Häuser der Innenstadt.
Der Millennium Park grenzt direkt an den Lake Michigan, dessen gegenüberliegendes Ufer man nicht einmal erahnen kann. Das schöne Wetter hält sich auch am Nachmittag. Blauer Himmel spiegelt sich im Wasser. Spaziergänger genießen die kühle Brise, die hier weht.
Eine ganze Horde Gänse sonnt sich auf der Wiese oder streitet sich um ein weggeworfenes Stück Brot. Die friedlichste Idylle, scheinbar durch nichts zu stören.
Doch dann kommt ein Pärchen, dass seinen Hund ausführt. Zeit zum Baden! Die Leine wird immer enger genommen, doch es nützt alles nichts. Einen beherzten Schritt auf die Gänsefamilie zu, ein kurzes „Wau“ und schon kann man 40 Tiere gleichzeitig im Wasser aufsetzen sehen.
Am Buckingham Fountain kann man heute leider kein Wasser sehen, ebenso wenig vom Himmel fallen. Und doch kommt ein fliegender Händler auf mich zu und will mir einen Regenschirm verkaufen. Schon mal etwas von Angebot und Nachfrage gehört?

weihnachtlicher Cop Aufgenommen am: 28.11.2004 weihnachtlicher CopWie viel Zeit man doch im Park vertrödeln kann. Glücklicherweise brauche ich nicht überpünktlich am Bahnhof zu sein, da ich bereits ein eigenes Abteil reserviert habe. Das nimmt mir so schnell keiner weg. Also selbst wenn ich als letztes einsteige, habe ich noch immer zwei Fensterplätze sicher.
Der Bahnhof präsentiert sich heute in einem ganz anderen Gesicht als gestern. Auf einmal ist er überfüllt. Vor den verschiedenen Ausgängen stehen die Leute geduldig an. Lautsprecherdurchsagen mahnen, dass einige Züge bald abfahren werden und wer mitwill, sollte langsam seine Beine in die Hand nehmen.
Vor mir steht ein junger Mann mit einem Plastikbeutel in der Hand, der scheinbar sein ganzes Gepäck darstellt. „I’m so tired, I hope, we’ll get on the train soon“. Ich habe irgendwie das Gefühl, er wird Coach Class fahren.
Dasselbe denken wohl auch andere Leute von mir. Die Schlafwagen befinden sich am anderen Ende des Bahnsteigs, so dass ich noch am kompletten Zug entlang laufen muss. Als ich den letzten Sitzwagen passiere, ruft mir ein Schaffner hinterher, wohin ich denn so eilig wolle. Er kann wohl auch nicht glauben, dass ich mir erster Klasse leisten kann.

An „meinem“ Wagen nimmt mich John, der Schlafwagenschaffner in Empfang und zeigt mir die Richtung zu meinem Abteil. Es liegt in der oberen Etage der Superliner und wirkt auf den ersten Blick recht klein. Als ich mich eingerichtet habe und die Füße hochlege, realisiere ich aber doch die komfortablen Abmessungen.
An der Wand befindet sich eine Steckdose, die der Aufschrift nach nur für Rasierer bestimmt ist. Also, was mein Rasierer kann, kann mein Akku schon lange und nach einer Stunde habe ich wieder volle Kraft auf der Videokamera.
Nachdem sich John noch einmal in der Tür gezeigt hat und mir für eventuell auftretende Fragen zur Verfügung stand, kommt auch noch der Kellner des Speisewagen vorbei und fragt mich nach meiner bevorzugten Speisezeit. In der Coach Class war das immer anders herum. Da konnte man sich zwar auch einen Tisch im Speisewagen reservieren lassen, nur wurde einem da die Uhrzeit zugewiesen. Ich habe das Gefühl, die erste Klasse wird zuerst gefragt und die anderen müssen nehmen, was übrig bleibt. Ich liebe diesen Service.

All on board Capitol Limited! Aufgenommen am: 29.11.2004 All on board Capitol Limited! Nach dem Essen mache ich es mir in meinem Abteil noch einmal so richtig bequem. Als Herrscher über den Lichtschalter und der Heizung kann ich mir optimale Bedingungen schaffen, gemütlich sitzend in den sternenklaren Nachthimmel hinauszustarren. Obwohl es doch recht dunkel draußen ist, kann man doch noch alles erkennen. Das liegt vor allem daran, dass sich kein Deckenlicht, keine Leselampe, nichts im Fenster spiegelt und sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnen können.
Obwohl die Gegend um die großen Seen recht dicht bevölkert ist, fahren wir doch relativ große Strecken durch dunkles Land, ohne eine Ortschaft zu durchqueren oder sonst irgendwie ein Zeichen von der Zivilisation wahrzunehmen.
Ich lege wieder die Füße hoch und genieße bei ein paar Takten Musik den Abend. Zur Probe nehme ich schon einmal Maß, ob das Bett wohl auch für 1,86 m hoch geratene geeignet sein wird. Ein paar Zentimeter zwischen den Lehnen der gegenüberliegenden Sitze fehlen doch noch – wie erwartet.
Nachdem ich John gerufen habe, damit er mir das Bett macht, staune ich nicht schlecht: Auf einmal passt es wunderbar. Ja klar, die Lehnen bilden ja einen Teil des Betts und stören daher nicht weiter.

Ich bleibe noch wach, bis wir Cleveland erreicht haben. Nach 7 Jahren komme ich also in den Ort zurück, den ich als ersten in den USA besucht habe. Irgendwie habe ich alles doch etwas anders in Erinnerung.
Egal. Mit dem Schaukeln der Doppelstockwagen schlafe ich ein, als der Zug seine Reise durch die Nacht fortsetzt.

Übernachtung: Nachtzug der AmtrakBewertung: Ausgezeichnet! Bewertungsnote 1
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