Mein nächstes Ziel heißt Arlington und die nächsten 1,35$ gehen zu den städtischen Verkehrsbetrieben. Noch immer nicht 9:30. Von der U-Bahn Station ist es eigentlich nicht weit bis zum Friedhof, nur auf dem Friedhofsgelände ist es doch etwas hügelig. Ein Bus wäre da nicht schlecht, aber die 20$ für das Touristenmobil sind dann doch wieder der reinste Wucher.
Arlington Cemetery
Aufgenommen am: 30.11.2004
Am Arlington Haus sollte man einmal Richtung Innenstadt blicken. Am Ende der Brücke überragt das Washington Monument alle anderen Bauwerke wie dem östlich liegenden Capitol oder den diversen Memorials, die sich von hier oben erahnen lassen. Nach gestern Abend weiß ich ja, wonach ich suchen muss.
Ich habe hiermit meinen höchsten Punkt auf dem Friedhof erreicht und mache mich auf dem Weg zum Tomb of the Unknown, wo pünktlich zu jeder vollen Stunde die Wache abgelöst wird. Der arme Kerl sehnt sich sicher nach einem Stuhl oder dergleichen. Immer wieder geht er die selbe Strecke auf und ab, immer wieder die gleichen Handbewegungen, mit der er seine Waffe von der einen Hand in die andere nimmt. Und immer wieder klacken seine Schuhe so schön, wenn er sie beim Halten gegeneinander schlägt.
Guard Changing Ceremony am Tomb of the Unknown
Aufgenommen am: 30.11.2004
Endlich die erlösenden Schritte. Ein ranghoher Offizier macht die beiden Wachen miteinander bekannt, überprüft gewissenhaft die Waffe des Neuen und zieht mit der alten Wache von dannen. Wer einmal die Wachablösung am Buckingham Palast in London gesehen hat, wird sich vielleicht fragen, ob das schon alles gewesen ist. Dies ist mit einem eindeutigen Ja zu beantworten.
Auf dem Rückweg zur U-Bahn erteile ich noch dem verstorbenen Präsidenten Kennedy seine letzte Ehre. Ich finde es gut, dass man einmal in so engem Kontakt zu einem bedeutenden Politiker kommen kann. So können sich seine Landsleute wenigstens noch für seine guten Taten bedanken, die sicher noch mehr geworden wären. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema.
Georgetown
Geschäft an der M Street, der Hauptquerstraße in Georgetown. Niedlich sind die beiden Hunde, wie sie etwas frische Luft vor dem Geschäft schnappen.
Aufgenommen am: 30.11.2004
Endlich ist es spät genug, dass ich das Tagesticket benutzen darf. Ich plane noch insgesamt drei bis vier Fahrten mit der U-Bahn, so dass sich die Anschaffung wahrscheinlich nicht mehr rechnen wird.
Vom Foggy Bottom möchte ich mit dem Bus weiter nach Georgetown fahren, doch weiß ich nicht, welche Linie ich nehmen muss. Ich hoffe, die nächste Haltestelle zwei Blocks weiter hat einen kleinen Übersichtsplan. Hat sie auch und ich sehe, dass es eigentlich nur noch drei weitere Blocks bis zur Brücke hinüber nach Georgetown sind. Die schaffe ich auch noch zu Fuß. Man erinnere sich: Das Tagesticket der U-Bahn gilt nicht in Bussen.
Und tatsächlich: Nach nur 10 Minuten Gehzeit stehe ich auf den roten Bürgersteigen von Georgetown, einem äußerst gepflegten Stadtteil. Auf der Hauptstraße öffnen gerade die Läden. Der Gehweg wird gekehrt, Lieferwagen halten vor den Geschäftigen und ein morgendlicher Smalltalk beginnt „Hallo George. Na, wie geht’s der Familie? Du hast aber heute schöne Blumen geladen.“ Neugierig stehen auch ein paar Hunde in der Tür und erfrischen sich in der kühlen Morgenluft.
Man hat Zeit hier in Georgetown. Zeit, sogar die Laternen weihnachtlich mit roten Schleifen zu schmücken, Zeit, sich mal auf einer Bank auszuruhen und auch Zeit, morgens am C & O Canal eine Runde zu joggen.
Im Wohngebiet hinter der Hauptstraße haben sich allerdings einige Studenten etwas zu viel Zeit gelassen. Die letzten dieser Gattung sind gerade emsig dabei, ihre Unterlagen zu ordnen, während sie eilends zur Universität hechten. Unterdessen genießen die Grundschulkinder bereits ihre erste große Pause.
Und noch etwas finde ich in dieser hübschen Wohngegend: alte Gleise. Hier muss einmal eine Cable Car gefahren sein, wie es sie heute nur noch in San Francisco zu bewundern gibt.
Georgetown
Aufgenommen am: 30.11.2004
Zurück in die hektische Innenstadt schaffe ich es wieder locker zu Fuß. Vor dem Weißen Haus lasse ich noch ein Foto von mir machen. Ich habe mir extra jemanden ausgesucht, der eine dicke Spiegelreflex bei sich trägt und scheinbar Ahnung von Fotographie hat. Doch wie er sich mit meinem 0815 Apparat abmüht. Resigniert gibt er mir zu verstehen, dass es einfach nicht klappen will. Später im Fotoladen werde ich feststellen, dass dieses Talent insgesamt sechs Fotos geschossen hat ohne es zu merken.
Ich hole mein Gepäck am Hotel ab, wo ich bereits heute morgen ausgechecked habe. Der Consierge erkennt mich sogar wieder: „Your luggage, Sir?“ Er kann Gedanken lesen.
Am Bahnhof wartet schon der Acela Express auf mich, das schnellste, was auf amerikanischen Schienen unterwegs ist. Neben mir setzt sich eine junge Frau und beginnt noch vor Abfahrt des Zuges, mit ihrem Handy zu telefonieren. Wir fahren los. Und sie redet und redet und redet.
Kurz vor Baltimore beendet dann ein Tunnel ihr Gespräch und sie fällt genervt in ihren Sitz zurück. Am Bahnhof ist dann schnell wieder die Verbindung hergestellt, bevor sie hinter Baltimore im nächsten Tunnel wieder getrennt wird. Leise höre ich sie fluchen, warum sie nicht an den zweiten Tunnel gedacht hat? Sie wäre ja schließlich nicht das erste Mal auf dieser Strecke unterwegs. Jetzt wechselt sie sogar das Telefon und fängt wieder an zu quatschen. „Ist es nicht schön, dass ich zwei Telefone unterschiedlicher Anbieter habe? So kann ich bei Netzverlust einfach mit dem anderen weitertelefonieren.“ In Wilmington ist dann aber endgültig Schluss mit telefonieren. Wieder flucht sie leise „Wie überleben nur die Leute in Delaware?“ Ich muss schmunzeln.
Die Landschaft fliegt förmlich am Fenster vorbei. Aus den Augenwinkeln entdecke ich einige Ortschaften, die wohl auf dem Reißbrett entstanden sind. Alle Häuser sehen absolut identisch aus.
Als wir in den langen Tunnel einfahren, kann es nicht mehr weit bis New York sein. Wir unterqueren in diesem Moment den Hudson River und fahren in die Penn Station ein.
WDR Interview mit der Gestalter des Sterns auf dem Baum
Ein Aachener Künstler hat den Stern gestaltet, der oben auf dem berühmten Weihnachtsbaum am Rockefeller Center thront. Dieser wurde vom WDR interviewt.
Aufgenommen am: 30.11.2004
Als ich die Rolltreppe hinauf komme und hinaus auf den Herald Square trete, ahne ich nicht, was für eine Menschenmenge mich erwarten würde. Ich war zwar vor 7 Jahren schon einmal in New York, doch hatte ich wirklich die ungeheure Hektik und Völle der Stadt vergessen. Ich kann einfach nicht Schritt halten mit den anderen, vor allem, solange ich mein Gepäckklotz noch mit mir herumschleppe.
Nach einem Abendessen sieht die Welt doch gleich besser aus, denke ich mir, doch es wird nur noch schlimmer. Ich stehe vor der Rückseite des Rockefeller Centers und traue meinen Augen nicht, wie voll es hier ist. Wenn die Fußampeln rot werden, können die querenden Autos noch lange nicht fahren, weil die Menschen, die noch auf der Straße stehen, einfach nicht auf den Gehweg kommen. Dieser ist hoffnungslos überfüllt. Man kann es schon keinem mehr übel nehmen, wenn man angerempelt wird, da man durch den Dominoeffekt direkt den nächsten anrempelt und damit kein Stück besser ist.
Heute ist der 30.11. und damit der Tag, an dem zum ersten Mal die Lichter des großen Tannenbaums erstrahlen sollen. Was nur keiner weiß: Die Polizei hat den kompletten Block ums Rockefeller Center abgesperrt, weil dort vom Fernsehsender NBC eine große Eröffnungsgala veranstaltet wird, auf der nur geladene Gäste zugelassen sind.
Aber das weiß einfach keiner, schon gar keine fremden Touristen. An den Absperrungen bekommt man nur nichtssagende Hinweise wie: „Hier geht es nur südwärts“ wenn man nach Norden will. Im Norden sagen sie einem dann, es gehe hier nur nordwärts. Zuerst glaube ich an ein ausgeklügeltes Einbahnstraßensystem, um die Massen am Baum vorbeizuführen, doch ich finde den Eingang des Systems nicht. Ich komme nicht auf den „verbotenen Block“. Alle Überwege sind abgesperrt.
Der Gestalter des Sterns vom Rockefeller Center Baum
Ein Aachener Künstler hat den Stern gestaltet, der oben auf dem berühmten Weihnachtsbaum am Rockefeller Center thront. Dieser wurde vom WDR interviewt.
Aufgenommen am: 30.11.2004
Aber so leicht gebe ich nicht auf. Ich erinnere mich an den Ausgang der U-Bahn. Da führten noch weitere Wege in Richtung Rockefeller Center. Also, wieder in die U-Bahn und durch ein Geschäft auf der anderen Straßenseite wieder ins Freie. Geschafft! Ich bin auf der verbotenen Insel. Jetzt nur noch einmal ums Haus...
Das ist leichter gesagt als getan. Man kommt nur bis zu den Großleinwänden, nicht aber bis zum verdammten Baum. Ich will den jetzt sehen! Auf einer Leiter vor mir steht ein Fernsehteam, dass gerade die Atmosphäre des Fußvolks einfängt. Ein Mikro wird in die Menge gehalten, auf dem ich neben einer großen 1 die Buchstaben WDR lesen kann. Heimat, ich bin hier!
Schnell komme ich mit ihnen ins Gespräch und erfahre, dass der Mann, der den Stern erschaffen hat, der nun oben auf dem Tannenbaum thront, aus Aachen kommt, wo ich studiert habe.
Das Interview mit ihm wurde übrigens in der Lokalzeit NRW, 1.12. um 19:30 im Raum Aachen gesendet. Und wer genau aufpasst, kann es zwei mal hell aufblitzen sehen. Das war ich.