Der gestrige Wasserfall hat mich geärgert und daher bekommt er heute keine zweite Chance, von mir entdeckt zu werden. Nee, wo kämen wir denn da hin?
Little Falls im Wadsworth Falls SP, Middletown CT
Aufgenommen am: 23.10.2005
Vielleicht zum Wadsworth Fall, wo ich meinen Wagen auf einen leeren Parkplatz steuere. Die meisten Amerikaner scheinen noch im Bett zu liegen. Es ist Sonntag, da wird halt länger geschlafen, außer, man hat einen Hund. Müde Gestalten und sportliche Jogger scheuchen auf manchen Wegen ihre Haustiere durch den Wald. Im Wald befinden sich auch die Little Falls, die unscheinbarer heißen als sie wirklich sind.
Wo ich gerade die Gleise auf der anderen Flussseite sehe: Für heute hatte ich eigentlich eine Fahrt mit dem Essex Steam Train geplant, doch die haben sich so dämlich bei meinen Reservierungsversuchen verhalten, dass ich sie nun mit Nichterscheinen strafe. Über deren Webseite konnte ich nicht vorbuchen, weil meine Kreditkarte ohne gültige Adresse nicht akzeptiert wird. Das ü in Düsseldorf hat der Software wohl Probleme bereitet.
Nächster Versuch: E-Mail. Ich habe geschrieben, ich habe Probleme mit der Buchungsmaschine und bitte daher so um eine Buchung, doch als Antwort bekam ich nur, ich solle es auf deren Webseite versuchen.
Die letzten beiden Versuche: 2 Telefonate, an deren Ende sie mir jeweils versprochen haben, sich bei mir zu melden. Darauf warte ich heute noch. Sollen sie also auch auf mich warten.
Stattdessen gehe ich mir jetzt große Züge in Clinton ansehen. Da heute Sonntag ist, bekomme ich auch direkt am Bahnhof einen Parkplatz, doch weil heute Sonntag ist, fahren in den nächsten Stunden hier keine Acela Express Züge durch, die ich doch für mein letztjähriges Filmprojekt benötige. Letztes Jahr bin ich nämlich mit solch einem Zug von Washington nach New York gefahren, habe aber nur Filmaufnahmen von drinnen nach draußen machen können. Außenaufnahmen wollte ich daher jetzt nachholen. Vielleicht habe ich ja noch eine Chance in Boston, wo ich jetzt hinfahre. Allerdings nicht direkt über die Autobahn, sondern über den Scenic Byway SR-169 von Jewett City nach Sturbridge.
US 302 im Crawford Notch SP
Aufgenommen am: 19.10.2005
Die Strecke hat zwar einige schöne Abschnitte, aber diese könnte man genauso gut an jeder anderen x-beliebigen Straße finden. Die letzten 10 Meilen sind sogar noch extra als besonders sehenswert ausgeschildert, aber geben auch kaum mehr her. Keine besonderen Ausblicke, keine bunten Wälder, keine besonderen Motive.
Ich befürchte nur, ich muss noch einmal zum Tanken. Ich suche mir also eine günstige heraus, habe mich aber wieder verrechnet, als ich Treibstoff für 10$ ordere: Je billiger der Sprit, desto mehr gehen in den Tank und desto mehr schenke ich am Ende des Tages Alamo, da ich den Wagen mit leerem Tank zurückgeben darf. Ich glaube, das machen die extra. Die spekulieren doch darauf, dass die Touris den Spritbedarf falsch schätzen, so dass die dann weniger Benzin auffüllen müssen.
Newbury Street, Einkaufsstraße in Boston
Aufgenommen am: 23.10.2005
Zeit und Sprit würden jetzt zwar für eine Umfahrung des kostenpflichtigen Massachusetts Turnpike ausreichen, aber ich will die restliche Zeit lieber in Boston verbringen. Also ab auf die Autobahn, kurz auf’s Gas und schon bin ich in Boston. Augen zu und durch und ehe ich mich versehe, bin ich unter dem Boston Inner Harbor hindurch und wieder in der Gegend um den Flughafen. Nun ernte ich die Früchte meiner anfänglichen Irrtour durch diese Gegend und schnappe mir einen der kostenlosen Parkplätze.
Wenn ich die Schilder richtig deute, müsste der Wagen heute Abend noch immer hier stehen, wenn ich mit der U-Bahn wieder aus der Innenstadt zurückehre.
Straßenecke in Beacon Hill
Aufgenommen am: 23.10.2005
Die Sorgen schiebe ich erst mal zur Seite und flaniere über die Newbury Street in Richtung Boston Common. Leider ist es heute zu kalt und zu feucht, um sich irgendwo ins Gras zu setzen und den Gedanken nachzuhängen und so streife ich lieber durch Beacon Hill, um noch ein paar Eindrücke im Hellen einzufangen. Und tatsächlich, der Stadtteil mit den roten Backsteinhäusern und grünen Fensterläden strahlt einen gewissen Charme aus, obwohl nach einigen Straßenecken die Erkenntnis wächst, dass doch eigentlich alle Häuser irgendwie gleich aussehen. Dennoch: Das Viertel hat Charme.
Bostoner Skyline von der Longfellow Bridge aus
Von der Long Fellow Bridge nahe Beacon Hill eröffnet sich ein schöner Blick auf Bostons Skyline. Über diese Brücke fährt auch die Red Line Richtung Harvard.
Aufgenommen am: 23.10.2005
Auch die nahe gelegene Longfellow Bridge ist noch einmal Ziel meiner Fotoattacke. Unter mir, im Charles River, dreht gerade ein Amphibienfahrzeug der Boston Duck Tours eine Runde und wenn es nicht auch von oben so feucht werden würde, wäre ich sicherlich auch gerne mal mitgefahren, das könnt ihr mir glauben. Immerhin erlebe ich die Welt gerne auf unterschiedlichen Wegen.
Ausnahmsweise auf einem bereits bekannten Weg streife ich noch einmal auf dem Freedom Trail durch Boston. Irgendwie eine würdige Art und Weise, meiner drittliebsten Stadt von Amerika auf Wiedersehen zu sagen. Tagsüber sind die Straßen wesentlich ruhiger. Die hungrige Meute, die endlose Schlangen vor diversen Lokalen bilden, ist noch in den Stadtführungsgruppen verteilt. Einige Führer sind dabei gekleidet wie Generäle von anno dazumal.
Straße in Beacon Hill
Aufgenommen am: 23.10.2005
Recht spät erreiche ich South Station, dem Hauptbahnhof von Boston. Hier will ich meine letzte Chance nutzen, einen Acela Express zu filmen. Ist mal wieder typisch für mich: Insgesamt knapp 50 Stunden in Boston verbracht und in der letzten komme ich auf die Idee, eine der wenigen gestellten Pflichten zu erfüllen. Postkartenschreiben habe ich ja schon hinter mir.
Das Schicksal meint es aber gut mit mir und schickt in genau dieser Minute den Zug meiner Begierde auf die Reise. Dann habe ich ja noch ein paar Minuten Zeit, mich in den Straßen von Chinatown zu verlaufen. Erst ein übergroßes T auf weißem Grund führt mich zur U-Bahn und wieder raus aus der Stadt.
Mein Auto steht auch noch, wo ich mein Zeug abhole und anschließend am Check-In der American Airlines einen Geschwindigkeitsrekord beiwohnen darf. So schnell wie hier habe ich noch nie am Flughafen eingecheckt. Pass vorgelegt, Koffer auf das Band gehoben, da hat die Dame schon den Pass durch das Lesegerät gezogen und G. W. Bush mit meinen Daten versorgt, da ruft sie auch schon den nächsten.
Anschließend falle ich in einen unerwartet tiefen Schlaf, während der Flieger mit mir an Bord meinen persönlichen Höhen- und Geschwindigkeitsrekord mit 1133km/h in 11277m Höhe bricht.