Guten Morgen, hier ist wieder Buffalo Bill. Meine Güte, habe ich heute gut geschlafen. Habe gar nicht mitbekommen, wie Micky schon aufgestanden ist und sich fertig gemacht hat. Auch Markus liegt noch im warmen Bettchen, als Micky zur Sturmlüftung greift. Muss er denn am frühen Morgen das ganze Zimmer schon so kalt machen? Keine Ahnung, was er damit bezwecken will, aber zum schneller aufstehen regt das sicher nicht an, sondern eher zum Gegenteil, sich nämlich noch tiefer in den warmen Decken zu vergraben, statt Bekanntschaft mit den kalten Kacheln im Bad zu machen.
Custer Motorway durch Custer (Idaho)
Der Custer Motorway war früher ein mautpflichtiger Pass, der heute parallel zum Highway 75 zwischen Sunbeam und Challis über die Berge führt.
Aufgenommen am: 14.09.2007
Ich nutze die Gelegenheit, mir noch ein paar leckere Gräser auf der Wiese für unterwegs einzupacken. Wird heute sicher ein langer Fahrtag, also lasse ich mir damit eine Menge Zeit.
Später, im Auto, ist es heute auffallend ruhig. Habe ich etwas verpasst? Gesprochen wird praktisch nur, um Fahrtrichtungen anzusagen. Liegt es am Wetter? Das ist heute nämlich nicht so schön wie die vergangenen Tage.
Wollte Markus nicht auch noch telefonieren? Ich hoffe, bei ihm zu Hause ist alles klar. Oder ist er gar nicht zum Telefonieren gekommen? Müsste er doch eigentlich, schließlich hat sich Micky gestern das Recht ja auch genommen.
Custer (Idaho), eine Geisterstadt am Custer Motorway Aufgenommen am: 14.09.2007 Wie dem auch sei, lange bleiben wir nicht auf der Hauptstraße. Schon nach wenigen Meilen biegen wir ab in Richtung Custer (Idaho). In diesem halbverfallenen Ort wohnen sogar noch immer einige Menschen in totaler Abgeschiedenheit, doch die meisten Häuser haben der Schwerkraft bereits nachgegeben. Custer (Idaho), eine Geisterstadt am Custer Motorway Aufgenommen am: 14.09.2007 Ein schöner Ortskern ist nicht zu erkennen, also eine wahrhaftig blühende Stadt kann es nicht gewesen sein. Immerhin zeugt ein Hotel davon, dass sich dennoch einige Gäste in die Weiten Idahos verirrt haben, wahrscheinlich frühe Durchgangsreisende, denn der Ort Custer liegt am Custer Motorway, einer einst wichtigen Verbindung über die hiesigen Berge, die früher sogar mautpflichtig gewesen ist. Doch wie auch Custer, ist dieses Thema längst Geschichte und man kommt von den Spritkosten mal abgesehen heute kostenlos über den Berg.
Lemhi Pass zwischen Tendoy, ID und Grant, MT
Aufgenommen am: 14.09.2007
Bei Challis erreichen wir wieder die Hauptstraße, der wir jetzt eigentlich nur noch geradewegs nach Norden folgen müssten, denn wir wollen in Richtung Glacier Nationalpark, doch vorher versüßen wir uns die lange Fahrt mit einem weiteren Abstecher auf unbefestigten Wegen. Über den Lemhi Pass zwischen Tendoy, ID und Grant, MT queren wir erneut die Rocky Mountains und damit mal wieder die kontinentale Wasserscheide. Der Laptop auf Markus’ Knien, genauer gesagt, der Street Atlas, lotst uns den Weg über die unzureichend ausgeschilderten Straßen.
Auf der Passhöhe haben wir die Wahl zwischen verschiedenen Wegen. Wir entscheiden uns spontan für die wahrscheinlich richtige und siehe da, auch die Spuren, die per GPS-Maus auf dem Bildschirm gesetzt werden, entsprechen genau unserer gewünschten Route, bis die auf dem Street Atlas eingezeichnete Straße nur urplötzlich an einem Picknick-Platz mitten im Wald endet. Was ist denn nun los?
eh. Hotel in der Geisterstadt Bannack
Bannack liegt etwa 25 Meilen westlich von Dillon, MT
Aufgenommen am: 14.09.2007
Wir entscheiden uns, die Meile zurück zur letzten großen Kreuzung zu fahren. Dort ist auch irgendwie eine Straße mehr vorhanden als im Routenplaner angezeigt wird und da sie passenderweise auch ins Tal führt, wenn auch nicht auf direktem Wege, nehmen wir doch gleich diese. Die Spuren der GPS-Maus verlieren sich im Nirgendwo. Die Straße, für eine Staubstraße in gutem Zustand, die gibt es einfach nicht. Trotzdem bleiben wir hart und folgen der nicht vorhandenen, gut sichtbaren Straße.
Nach einigen langgezogenen Kurven nähern wir uns auch wieder der auf dem Street Atlas verzeichneten Straße, wo ein Vergleich aus dem Fenster belegt: Hier stimmt Technik und Wirklichkeit definitiv nicht überein. Es lässt sich nicht einmal ein alter Straßenverlauf erkennen, den man durch einen neuen ersetzt hätte. Wirklich merkwürdig.
Geisterstadt Bannack Bannack liegt etwa 25 Meilen westlich von Dillon, MT Aufgenommen am: 14.09.2007 Dennoch finden wir irgendwie den Weg zurück auf eine geteerte Straße, die wir kurze Zeit später erneut verlassen, um zur Geisterstadt Bannack zu gelangen. Im Gegensatz zu Custer sind die Häuser hier zumindest von außen in einem noch akzeptablen Zustand, nur im Innern würde sich jeder Heimwerker über Herausforderungen freuen.
Geisterstadt Bannack
Bannack liegt etwa 25 Meilen westlich von Dillon, MT
Aufgenommen am: 14.09.2007
Alle Häuser, deren Türen nicht verschlossen sind, dürfen nach Belieben betreten werden. Im Innern ist die Inneneinrichtung vollständig entfernt worden. An den Wänden hängen noch die Originaltapeten mit den scheußlichsten Mustern. Was für ein Verbrechen an diesen schönen Holzhäusern, die Wände so zu verschandeln.
Im Laufe der Jahre ist Wasser in die ungeheizten und ungepflegten Häuser eingedrungen, das die Tapeten auflöst, teilweise von den Wänden löst oder einfach nur hässliche Flecken ergibt.
Der Fußboden ist in den meisten Häusern mit mehreren Schichten PVC-Böden bedeckt. Wieder lässt sich hier über Geschmack streiten, nur eines verwundert: Alles erscheint relativ modern im Vergleich zu anderen bekannten Ghosttown. Eine Recherche im Internet wird einmal ergeben, dass Bannack auch erst in den 1950er Jahren verlassen wurde.
in einem der Häuser in der Geisterstadt Bannack
Bannack liegt etwa 25 Meilen westlich von Dillon, MT
Aufgenommen am: 14.09.2007
Sehr interessant ist auch das große Hotel des Ortes. Zugang ist von mehreren Seiten möglich und die vielen kleinen Zimmer wirken von innen bedeutend größer als von außen. Das Hotel wurde mindestens einmal angebaut und nach hinten erweitert, sehr schön von außen zu sehen, doch im Innern ist der Übergang schon fast fließend.
Natürlich darf in diesem Westernstädtchen auch eine Schule, die Kirche, das Haus des Sheriffs, das Gefängnis und, oben auf dem Berg, der Galgen nicht fehlen.
Wie gesagt, in den 1950er Jahren wurde Bannack verlassen und das passiert dem Ort nun schon wieder: Wir flüchten vor der Einsamkeit. Ab Dillon setzen wir unser Auto in den Verkehrsfluss auf der I-15 Richtung Norden und allerspätestens ab Butte sind wir nicht mehr alleine.
Als wir Helena, die Hauptstadt von Montana, passieren, meldet unser Jeep, dass alles mit ihm ok sei, er nur gerne innerhalb der nächsten 30 Meilen etwas zu trinken haben möchte. In Süd-Helena ist nichts auf entsprechenden Schildern vermerkt, dass es an dieser Ausfahrt Tankstellen geben würde. Danach rauschen wir an vielen Wohnhäusern der Stadt vorbei, nur eine Ausfahrt suchen wir vergeblich. Erst nach 9 Meilen gibt es wieder eine, mitten in der Pampa, weit entfernt von jedem Ort und von jeder Tankstelle.
Was sollen wir tun? Inzwischen sind nur noch 20 Meilen laut Bord-Computer möglich. Micky ist wie schon in Cody der Meinung, das würde ausreichen, doch diesmal lässt sich Markus da nicht reinreden. Er wendet kurzerhand und fährt die 9 Meilen zurück nach Helena. Die Stadt ist groß genug, da muss es Tankstellen geben, auch, wenn diese nicht ausgeschildert sind.
So fährt es sich doch deutlich bequemer und auch die nervige Baustelle anschließend auf der Landstraße, wo wir Ewigkeiten auf das Pilotfahrzeug warten müssen, das uns sicher durch die Baustelle führen wird, artet nicht im Fingernagelbeißen aus.
Sonnenuntergang am KOA-Campground in Choteau, MT
Aufgenommen am: 14.09.2007
Wir erreichen Choteau. Eigentlich wäre dieser Ort keine große Erwähnung wert, außer der Tatsache, dass es hier einen KOA Campground gibt. Andere Motels sind entweder geschlossen oder bieten schon keine freien Zimmer mehr an. Wenn wir weiter fahren würden, kämen wir dem Glacier National Park näher. Wie sähe es dort mit Übernachtungsmöglichkeiten aus? An dieser Stelle ist Markus der Optimist. Er würde gerne noch bis Browning durchfahren, weil er annimmt, dort wäre die Auswahl an Motels größer, doch Micky will auf Nummer sicher gehen, also genau umgekehrt wie mit dem Tanken.
Letztendlich wird beschlossen, einfach in Choteau zu bleiben, weil die Herbergen näher am Nationalpark sicher nicht günstiger werden. Eine quälende Frage bleibt nur noch: Ist die Going-to-the-Sun-Road quer durch den Glacier Nationalpark denn morgen noch offen? Wir fragen an der Rezeption nach, die telefonieren kurzerhand mit einem Tourismusbüro (oder sogar direkt mit der Nationalparkverwaltung?) und kommen zu dem Schluss, dass morgen der vorletzte Tag sein wird, weil ab übermorgen die Straße wegen zahlreichen Bauarbeiten schon früher als der erste Schneefall gesperrt wird. Mann, was haben wir doch für einen Dusel.
Herzlichst, euer Buffalo Bill.