Wir haben uns viel vorgenommen. Wir wollen es heute
bis zum Nordkap schaffen und dabei noch einige Kleinigkeiten besichtigen.
Den Anfang machen wir in Juhl’s Silberschmiede in Kautokeino. Das
Ehepaar Juhl hat diese in den letzten Jahren gemeinsam aufgebaut. Jedes
Jahrzehnt kam ein weiterer Raum hinzu. Das Gebäude wirkt sehr modern,
zu modern für diese Gegend und meinen Geschmack. Außerdem
führt der Name ein wenig in die Irre, denn Silberschmuck nimmt
eigentlich nur einen kleinen Teil der Exponate ein. Hinzu kommen
eine Reihe Bilder,
Glasfiguren, Schnitzereien und orientalische Teppiche.
Draußen wird es warm. Als wir gerade einsteigen wollen, bemerken
wir einen blinden Passagier an Bord, der wohl ein wenig Schatten suchte.
Der Hund der Familie Juhl hat es sich zwischen den Sitzen bequem gemacht
und denkt nicht im Traum daran, seinen Platz zu räumen.
Einige Überredungskunst später befinden wir uns wieder auf
der Reise. Wir sind inzwischen wieder in Norwegen, wo wir auch bis zum
Schluss der Rundreise bleiben werden. Unser nächstes Ziel ist der
Samenpark Sápmi bei Karasjok, wo man ein wenig über die Kultur
und die Geschichte der Samen erfahren kann. Im Park enthalten ist auch
eine Rentierzucht.
Rentierfütterung im Sápmi Themenpark
Im Sápmi Themenpark in Karasjok wird einem Besucher die traditionelle samische Lebensweise näher gebracht.
Aufgenommen am: 04.08.2003
Da wir in freier Wildbahn weder Elche noch Rentiere
zu Gesicht bekommen haben, weil sie sich wegen der Hitze wahrscheinlich
irgendwo im Schatten verstecken, nutzen wir hier die Chance, den Tieren
ein wenig näher zu kommen. Es ist Mittag und damit Fütterungszeit.
Irgendwie sehen diese Tiere richtig niedlich, liebenswert aus. Rentiergehege im Sápmi Themenpark
Im Sápmi Themenpark in Karasjok wird einem Besucher die traditionelle samische Lebensweise näher gebracht.
Aufgenommen am: 04.08.2003
Meist
stehen sie irgendwo im Schatten und starren in die Landschaft. Dann fressen
sie wieder ein wenig auf starren weiter vor sich hin. Sie sind scheinbar
auch gemütliche Tiere.
Wenn man andere Lebewesen bei der Nahrungsaufnahme zusieht, bekommt
man leicht selber ein wenig Hunger. In einem künstlichen Berg versteckt
liegt ein Restaurant verborgen. Um einen zentralen Mittelpunkt gruppieren
sich kleine Höhlen, wo man auf Fellen im Halbkreis um ein Lagerfeuer
in urgemütlicher Runde sitzt. Der Rauch zieht durch eine Öffnung
im Dach nach draußen. Es wirkt dämmrig hier drin. Eine leichte
Dunkelheit, die man in jeder Nacht vermisst hatte. Das Feuer knistert
vor sich hin und man spürt ein wenig von der Vergangenheit dieser
fremden Kultur.
Zurück an frischer Luft nehmen wir die letzten 200 km in Angriff. Ab Olderfjord wird die Straße voller. Es ist die einzige Zufahrtstraße zum Nordkap, wohl dem Haupttouristenanziehungspunkt in dieser Gegend. Eine schier endlose Kolonne von Bussen und Wohnmobilen quält sich die kurvenreiche Straße entlang. Zu unserer Rechten begleitet uns der Porsangen Fjord. Wir halten an und sehen Delphine vorbei schwimmen. Möwen kreisen über einer kleinen Insel. Die Idylle wird nur leider durch den Lärm der Straße unterbrochen.
Siedlung auf der Nordkapinsel
Aufgenommen am: 04.08.2003
Das Nordkap befindet sich auf einer Insel, die bis vor ein paar Jahren
nur umständlich durch eine Fähre erreicht werden konnte. Doch
seit 1999 verspricht der 6870 Meter lange Nordkaptunnel eine schnellere
Anreise. Honningsvåg lassen wir rechts liegen. Ein paar Kilometer
weiter Richtung Nordkap befindet sich unser Hotel etwas einsam an der
Landstraße gelegen.
Insel im Fjord bei Olderfjord
Aufgenommen am: 04.08.2003
Vor dem Abendessen beschließe ich, noch ein wenig die Straße
zurückzugehen. Kurz vor dem Erreichen des Hotels haben wir ein Ferienhaus
auf einer Insel im Fjord passiert, welches ich jetzt als Fotomotiv ausgewählt
habe. Unterwegs treffe ich auf ein paar Rentiere, die mit mir die Straße
zwischen Fjord und Berg entlang laufen. Anders als die Tiere in Sápmi,
die eindeutig an Touristen gewöhnt sind, sind diese Rentiere hier
scheu. Sobald man sich ihnen nähert, suchen sie das Weite. Autos
müssen der Tiere hier scharf bremsen, doch kaum stehen die Rentiere
neben der Straße, überqueren sie sie im nächsten
Moment wieder.
Das Abendessen ist reichlich. Im Gegensatz zu den bisherigen Unterkünften
haben wir die freie Auswahl an einem riesigen Buffet. Hier gibt es einfach
alles, von leichten Vorspeisen über mehrere Hauptgänge bis
zu reichhaltigen Desserts. Im einzelnen werden Suppen, verschiedenen
Fisch, Muscheln, Hühnchen und Schnitzel angeboten, dazu Kartoffeln,
Nudeln, Reis, Gemüse und eine üppige Salatauswahl. Zum Schluss
hat man die Qual der Wahl zwischen Pudding und verschiedenen Sommerfrüchten.
groteske Fjordlandschaft hinter Olderfjord
Nach dem Abendessen vertrete ich mir noch ein wenig die Beine und finde dabei so eindrucksvolle Landschaften vor.
Aufgenommen am: 04.08.2003
Bevor wir zum Nordkap aufbrechen, ist es wohl angebracht, sich noch
ein wenig die Beine zu vertreten. Hinterm Hotel beginnt ein staubiger
Weg über
einen Hügel hinunter zum Fjord. Hier lässt es sich wunderbar
träumen. Von der Straße und dem vielen Verkehr hört und
sieht man hier nichts mehr. Ich mache es mir auf einem Felsen bequem
und lasse den Blick über die Natur schweifen.
Auf dem Rückweg stehe ich einer großen Rentierherde gegenüber.
Insgesamt 25 Tiere kann ich zählen. Als sie mich bemerken, suchen
auch sie das Weite und geben mir den Weg frei.
Denkmal am Nordkap
Das Nordkap Anfang August, kurz vor Mitternacht. Zu dieser Jahreszeit reicht es nicht mehr zur wirklichen Mitternachtssonne, dennoch wird die 1-2 Stunden lange Nacht nicht dunkel.
Aufgenommen am: 04.08.2003
Wir fahren zum Nordkap. Jetzt im August ist zwar Nebensaison, doch
immer noch viel los. Die Sonne steht schon sehr tief als wir ankommen.
Es geht
auf 23Uhr zu. Aus dem Souvenirshop gehe ich praktisch rückwärts
wieder raus, zu hoch sind die Preise. Ich werfe nur schnell meine Postkarten
am nördlichsten Postamt der Welt ein, um sie mit dem Nordkapstempel
versehen zu lassen und schließe mich den Touristenmassen an,
die sich auf den Weg zur Erdkugel aus Stahl machen.
Sonnenuntergang am Nordkap
Das Nordkap Anfang August, kurz vor Mitternacht. Zu dieser Jahreszeit reicht es nicht mehr zur wirklichen Mitternachtssonne, dennoch wird die 1-2 Stunden lange Nacht nicht dunkel.
Aufgenommen am: 04.08.2003
Eigentlich ist das Nordkap mit seinen 71°10’21“ gar nicht
der nördlichste Punkt hier. Die nächste Landzunge weiter westlich
ragt sogar noch um weitere 1’7“ nördlicher ins Meer
hinein, edochwäre sie nichtso einfach für den Tourismus zu erschließen gewesen, sodass man sichfürdasallgemein bekannte Nordkap entschlossen hat.
Die Sonne steht sehr tief im Norden. Die Touristen lassen ihre Kameras
klicken. Es bietet sich aber auch eine fantastische Kulisse. Dort,
wo die Sonne steht, ist der Himmel wolkenlos. Ringsumher dagegen
werden die Wolken in den verschiedensten Spektralfarben getaucht.
Jede Minute ändert
sich das Bild mit dem Winkel der untergehenden Sonne. Die Schatten auf
dem Boden werden immer länger. Es wird 23:30 als die Sonne das Meer
berührt und langsam hinterm Horizont verschwindet. Ich gehe wieder
zurück ins Gebäude und sehe mir einen Film über die
vier Jahreszeiten am Nordkap an.
Als ich wieder hinaus gehe, schließe ich mich nicht den großen
Touristenmassen an, sondern schlendere ein wenig am Ufer entlang. Die
Stimmen hinter mir verstummen langsam. Auf dem Wasser sind ein paar Segelboote
unterwegs, als hinter dem Horizont die Sonne wieder zum Vorschein kommt.
Es ist jetzt kurz nach halb eins. Es ist, als ob jemand die Zeit zurückdreht
und ich das eben erlebte Panorama im Rückwärtsgang erneut erleben
kann. Es ist nahezu windstill, richtig untypisch für diese Gegend,
so dass auch die Wolken nahezu an der selben Stelle verweilen. Wir sehen
dem Schauspiel noch ein wenig zu, bis wir gegen 2 Uhr zurück
ins Hotel fahren.