Als ich aufwache weiß ich es schon ganz genau: Ich bin wieder in meiner Lieblingsstadt, wieder in San Francisco. Die erste Tat des Tages ist der Erwerb des 7-Tages-Passes, denn unsere primären Beförderungsmittel werden in den nächsten vier Tagen Busse und Bahnen sein.
Cable Car Endstelle an der Hyde Street
Aufgenommen am: 07.09.2002
Als erstes weihe ich Manfred in die Geheimnisse des Cable Car Wesens ein. In der Mitte unter der Straße verläuft ein endloses Kabel, dass mit einer konstanten Geschwindigkeit von etwa 15 mph kontinuierlich seine Kreise zieht. Die Cable Cars haben zwischen den Achsen eine Vorrichtung, Grip genannt, welche sich an das Seil an bzw. abklemmen kann. So wird der Wagen entweder gezogen oder hält an.
Dann kann es ja losgehen. Die besten Plätze sind eindeutig vorne rechts und links auf den seitlichen Trittbrettern. Hier kann man stets nach vorne auf die Strecke sehen und bekommt jeden Engpass wie auch den Fahrtwind hautnah mit. Und da haben wir auch gleich einen Engpass: Auf der Hyde Street werden die Bäume zurechtgestutzt und der Wagen für die abgesägten Zweige ragt so weit auf die Straße hinaus, dass die Cable Car nur passieren kann, wenn alle Passiere des rechten Trittbretts eine Stufe nach oben steigen. Ich filme so gut wie die ganze Fahrt mit.
Bay Cruise unter der Golden Gate Bridge hindurch
Aufgenommen am: 05.09.2002
Am Fisherman’s Wharf besteigen wir sogleich ein Boot der Red & White Fleet, welches uns hinaus auf die San Francisco Bay und in Richtung Golden Gate Bridge bringen wird. Wir sehen den Hyde Pier an uns vorbei ziehen und danach die schönen Villen der Marina, während wir uns der Golden Gate Bridge nähern. Der Wind pfeift schön stark und obwohl ich mit einem dicken Pullover ausgestattet bin, friere ich doch ein wenig.
Wir unterqueren die Golden Gate Bridge, wobei sich alle Passiere an Bord die Hälse recken und die Auslöser ihrer Kameras ertönen lassen. Nach einem kleinen Bogen geht es erneut unter der Brücke hindurch mit Kurs auf Alcatraz Island. Wir umrunden die Insel und steuern auf die Oakland Bay Bridge zu, die wir allerdings nicht ganz erreichen werden, sondern kurz vorher wieder zum Hafen abdrehen und an Land festmachen. Es war eine angenehme Stunde.
An Land geht jeder wieder seine eigenen Wege. Manfred möchte sich ein wenig in den Geschäften umsehen, ich dagegen bin auf der Suche nach schönen Motiven für meinen Videofilm und so laufe ich los.
Pier 39, San Francisco
Pier 39, wo erst kürzlich das Hard Rock Café San Francisco hingezogen ist. Im Vordergrund hält gerade ein Wagen der F-Line.
Aufgenommen am: 05.09.2002
Zuerst sehe ich mich ein wenig am Fisherman’s Wharf um. The Cannery, Ghirardelli Square, Pier 39, Hard Rock Café. Moment mal, gibt es jetzt etwa zwei Cafés in San Francisco? Ich trete ein und lasse mich aufklären: Dieses Café ist gerade zwei Tage alt. Man ist von der Van Ness hierher gezogen. In meinen Augen die richtige Entscheidung, ist doch hier eindeutig mehr los.
Als nächstes nehme ich Coit Tower in Angriff. Zuerst geht es ein paar Straßen Richtung Süden, bevor der steile Anstieg auf den Telegraph Hill beginnt. An den umliegenden Häusern macht sich der Berg deutlich bemerkbar: teilweise ist der erste Stock des einen Hauses auf der selben Höhe wie das Erdgeschoss des direkten Nachbarn.
New Beetle in San Francisco
Im Hintergrund ist die Transamerica Pyramid zu sehen.
Aufgenommen am: 05.09.2002
Oben angekommen bietet sich mir ein schöner Blick über die Bucht und den Weg, den unser Schiff heute morgen genommen hat. Ich verlasse den Hügel über die Filbert Steps. Hierbei handelt es sich abwechselnd um Holz- und Steintreppen, die zwischen idyllisch angelegten Vorgärten zur Levi’s Plaza hinunter führen.
Als nächstes durchquere ich Chinatown. Ich biege mehrmals ab, um auch mal die Seitenstraßen kennen zu lernen. Bald bin ich umringt von Asiaten. Die Schriftzeichen auf den Häusern, die überdachten Balkone der höheren Etagen, rote Papierlampen und bunt verzierte Dächer, fremde Gerüche aus den verschiedensten Geschäften sowie fremde Sprachen, die ich nicht verstehe, all das lässt mich fast vergessen, dass ich immer noch in San Francisco bin. Es ist wie eine eigene kleine Welt innerhalb der Stadt.
Chinatown, San Francisco
Aufgenommen am: 05.09.2002
Ein paar Straßen weiter und ich stehe zu Füßen der mächtigen Wolkenkratzer des Financial Districts. Es mag zwar weit höhere Gebäude geben, doch in einer Stadt, die schon so oft von Erdbeben kräftig durchgeschüttelt wurde, sind diese Bauten beachtlich.
Nach soviel Lauferei zu Fuß gönne ich mir am Nachmittag eine Fahrt mit der historischen Straßenbahnlinie F. Ich sitze in keinem PCC, eine Baureihe, die hier oft auf der Linie anzutreffen ist, sondern in einem noch älteren Wagen der San Francisco MUNI aus dem Jahre 1914. Die Bahn ist sehr dünn besetzt, als wir die Endschleife verlassen. Ich komme mit dem Fahrer ins Gespräch und er erzählt mir einiges über „seinen“ Wagen. Er redet fast so, als wäre es sein eigener, liebevoll gepflegter alter Stolz.
Die Wagen werden übrigens über Nacht am Balboa Park abgestellt. Das sind vom südlichen Endpunkt Castro noch mal 15 Minuten Fahrt weiter in Richtung Süden. Im Internet werden sogar Fahrtzeiten genannt, wann die alten Wagen diese Strecke befahren. Ob man da vielleicht mitfahren kann?
moderne U-Bahn neben historischer Straßenbahn
Abends, wenn der Fahrplantakt etwas gestreckt wird, fahren alte Wagen über die Gleise der Linie J zum Balboa Park, wo sich große Depothallen befinden.
Aufgenommen am: 05.09.2002
Ich suche mir eine entsprechende Bahn aus und fahre damit in Richtung Castro. Ein Block vor der Endhaltestelle erfolgt eine Durchsage, dass dieser Zug nun zum Betriebshof fährt. Der Fahrer sieht sich im Wageninneren um, ob auch jeder mitbekommen hat, dass wir nun links in die Mission Street einbiegen statt rechts. Ich nicke ihm zu und wir begeben uns fernab der herkömmlichen Route auf den Weg zum Balboa Park. Auf den Gleisen der modernen Straßenbahnlinie J geht es durch die Vororte und durch teilweise sehr enge Kurven. Kaum vorstellbar, dass die großen modernen Doppelzüge hier auch durchpassen sollen.
Am Balboa Park herrscht geschäftiges Treiben. Es handelt sich hierbei wohl um eine größere Umsteigehaltestelle. Von überall fahren Bahnen in die verschiedensten Richtungen ab, unter anderem die Linie J, die mich zurück in die Stadt bringen wird.